Kaum jemand wird bezweifeln, dass es Menschen gibt, die sich selbst belügen, aber wie sieht es mit folgender Frage aus: Kann einer sich selbst bestehlen – kann er also stehlen, was ohnehin ihm gehört oder ihm zumindest zusteht?

Februar 24, 2021
von Heiner Frost
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Heliges Phantom oder: Maria unter den Stufen
Geschichte erzählt häufig von den Großen. Die Kleinen tauchen nur selten auf und wenn, dann sind sie die Verlierer … Wie schön, dass es die Geschichte von Maria T. gibt. Geboren wurde sie 1904 in Geldern, gestorben ist sie 1987.
c. t.
Um 12.20 beendet der Vorsitzende die Zusammenkunft. „Mehr wird es heute leider nicht geben.“ Ach ja: Begonnen hatte das Ganze (planmäßige Abfahrt) um 12 Uhr (selber Tag.)

Februar 21, 2021
von Heiner Frost
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Otter-Versand oder: Es muss ja nicht gleich Liebe sein
Vorsicht mit den Fingern. Die Braut ist bissig. Foto: Rüdiger Dehnen
Was soll man schreiben? Eine Liebeshochzeit wird das hier nicht. Alles ist am grünen Tisch geplant. Mit den Brautleuten hat niemand vorher gesprochen. Bis zum ersten Treffen sind es noch gut sechs Stunden und die Hochzeitreise findet im Käfig statt …
Vielleicht mal nachfragen
Screenshot
Herr X. hat einen Antrag gestellt. 9.000 Euro. Corona-Hilfe. Warum auch nicht? Er konnte das Geld gut brauchen.
Spielregeln gibt es allerdings auch und Herr X. wird am Ende des Verfahrens gelernt haben, dass das mit „Spielen“ irgendwie nichts zu tun hat. Anträge auf die sogenannte Corona-Soforthilfe können natürlich gestellt werden – sie sollten allerdings nicht dazu dienen, ein sich schon vorher in Schieflage befindliches Unternehmen zu „sanieren“. Eben das aber wird X. vorgeworfen. Die passende Vokabel: Subventionsbetrug.
Neue Wohnung, neues Leben
Frau Z. ist jung an Jahren: Jahrgang `94, Mutter eines Sohns (9). Gelernt hat sie – nun ja – nichts. Die Schule abgebrochen. Frau Z. kommt aus Duisburg. Erwischt hat man sie auf der B 57: Fahren ohne Fahrerlaubnis. Jetzt sitzt sie im Saal A1 des Klever Amtsgerichts und hat ihre Schwester dabei.
„Hol mir mal den Clooney her.“
Gestatten: George Clooney (links) und Martin Polotzek. Der linke Herr wohnt schon länger in Kleve, der Rechte kam kürzlich aus Wien und wird wohl länger bleiben. Foto: Rüdiger Dehnen
Vielleicht doch besser kurz anrufen. Nicht, dass es nachher heißt, Mann hätte nichts gesagt …
Ein Hahn
„Hallo Verena. Ich bin mit Rüdi im Tiergarten und wir machen gleich ein Foto mit George Clooney. Ich dachte, ich sag‘s dir noch schnell.“ Vielleicht dann erst später sagen, dass Clooney ein Hahn ist. Aber eigentlich geht es doch um jemand ganz anderen. Der Mann heißt Martin Polotzek und ist seit Januar der neue Leiter des Klever Tiergartens. Zum Fototermin hat er sich George Clooney als „Bystander“ gewünscht. Der Reihe nach.
Lokführer, Astronaut
Man kennt das ja: Manche wissen, seit sie denken können, dass sie Lokführer werden wollen oder Astronaut. Wir lassen die Mädchenwünsche an dieser Stelle außen vor – es geht ja um einen Herrn. Dieser hier wusste ziemlich früh, dass er mal Zoodirektor werden wollte und … so schnell kann‘s gehen: Martin Polotzek ist 26 Jahre jung und hat sein Ziel erreicht. Gab‘s denn eigentlich familiäre Tendenzen? „Das kann man nicht sagen. Mein Vater ist Maschinenbauingenieur und meine Mutter Steuerfachangestellte.“ Der Martin aber hatte es schon für mit den Tieren. „Ich habe zuhause eine Art Privatzoo gehabt. Da hieß es dann bald: Der Martin muss Zoodirektor werden.“
Plutarch
Ziele fordern Opfer: Da arbeitet einer im Tiergraten Schönbrunn und geht … nach Kleve. Man reibt sich die Augen. Dann denkt man an Plutarch. Nein, der arbeitete nicht in Schönbrunn. Plutarch, seinen Zeichens griechischer Schriftsteller, schrieb einst im ‚Leben des Caesar‘: „Lieber hier der Erste als der Zweite in Rom.“ Das also soll Gajus Julius gesagt haben und vielleicht sieht es Martin Polotzek ähnlich. Lieber Chef in Kleve als „Zoopädagogischer Mitarbeiter für Führungen in Deutsch und Englisch“ in Wien. Vielleicht kann man auch sagen: Tausche Weltstadt gegen Königreich. Apropos Königreich: Googelt man bei Tripadvisor die zehn besten Sehenswürdigkeiten in Kleve, findet sich der Tiergarten auf Rang Drei. Der Tiergarten Schönbrunn belegt in Wien den 4. Rang unter den Top 10 der Sehenswürdigkeiten.
Es ist Liebe
Trotzdem – die Frage muss erlaubt sein: Warum geht einer von Wien nach Kleve. Polotzek, geboren 1994 in der Marx-Stadt Trier, zitiert weder Plutarch noch Caesar: „Es hat etwas mit der Liebe zu tun.“ Aha: eine Frau, denkt man und täuscht sich: „Es ist die Liebe zu meinem Beruf, sagt Polotzek“, und man spürt – trotz Corona-Maske – ein Strahlen.
Nun ist es ja nicht unbedingt so, dass man in Wien anruft, wenn in Kleve nach einem Tiergarten-Chef gesucht wird. Das Schicksal macht Umwege. Manches spricht sich herum – zumindest bis Köln. Die im Kölner Zoo wussten von der Klever Suche und hatten einen Tipp: „Da gibt es einen Typen in Wien. Das könnte was für euch sein.“ In Köln war Polotzek kein Unbekannter. Der junge Mann hatte eben dort ein Veterinärmedizinisches Praktikum absolviert (2018) und muss einen guten Eindruck hinterlassen haben. Weitere Praktikumsstationen: Zoologischer Stadtgarten Karlsruhe, Tiergarten Nürnberg, Kruger Nationalpark (Südafrika) – um nur einige zu nennen.
Lama und Funkenflug
Die Klever jedenfalls meldeten sich in Wien und der Polotzek reiste zur Inaugenscheinnahme des Klever Zoos an den Niederrhein. Es muss wohl gefunkt haben. „Ich habe, als ich damals hier war, einen kleinen Jungen beobachtet, der ein Lama füttern wollte. Der Junge war ziemlich nervös. Er hatte wohl ein bisschen Angst. Als aber schließlich das Lama ihm aus der Hand fraß, da habe ich dieses Strahlen im Gesicht des Jungen gesehen.“ So finden Initialzündungen statt. „Unsere Aufgabe ist es ja, Menschen für die Tiere zu begeistern und das geht an einem Ort wie Kleve ganz wunderbar, weil der Kontakt zu den Gästen viel unmittelbarer ist als in einem großen Betrieb wie dem Tiergarten Schönbrunn.“
Mäuse und Elefanten
Polotzek ist diplomierter Tierarzt. „Promoviert habe ich nicht“, sagt er. Und was war das Thema der Diplomarbeit: „Ich habe mich mit dem Sexualverhalten des Rüsselspringers beschäftigt.“ Na bitte. Das ist doch mal was, denkt man und fragt bescheiden nach, was man sich unter einem Rüsselspringer vorzustellen hat und lernt, dass es sich um ein mausartiges Säugetier handelt, dass – Quizfreunde aufgepasst – mit dem Elefanten näher verwandt ist als mit der Maus. Na bitte: man soll trotzdem aus der Maus keinen Elefanten machen.
Zurück zum Polotzek. Wo wohnt denn der Neue? „Ich wohne in Kleve – gleich am Hauptbahnhof.“ (Man grinst.) „Meine Eltern haben sich um die Wohnung hier gekümmert, denn ich konnte wegen Corona nicht nach Kleve reisen.“ Die Eltern also erklärten dem Sohn, er werde demnächst in der Nähe des Hauptbahnhofs wohnen.
Die zweite Leidenschaft
Und jetzt mal ehrlich: Gab es schon einen Reuemoment? „Nein.“ Das kommt prompt. Aber es gäbe da schon Sachen, die Polotzek vermisst. „Das soziale Umfeld ist mal das Erste, was einem fehlt.“ Wien ist anstrengende 1.000 Kilometer entfernt. Da setzt man sich nicht mal eben ins Auto oder in den Zug und besucht alte Freunde zum Kaffeetrinken.
Polotzek hofft aber, im Frühjahr wieder nach Wien zu reisen. Das hat etwas mit seiner Leidenschaft zu tun: Musicals. „Das ist meine zweite große Leidenschaft“, sagt er und man erinnert: Nummer Eins ist der Beruf. „Ich habe Karten für ‚Disney in Concert‘. Die Veranstaltung ist wegen Corona ausgefallen und ich hoffe sehr, dass ich es zum Ersatztermin schaffen werde.“
Mitnehmen
Was fragt man noch? Vielleicht das: Mit 26 ist Polotzek einer der Jüngsten im Tiergarten-Team. Ist es schwer, sich da als Chef durchzusetzen? „Nein. Wir haben hier ein hochmotiviertes Team. Alle haben Spaß an ihrer Arbeit. Da schaut keiner auf die Uhr und lässt bei Dienstschluss das Werkzeug fallen.“ Eines dieser Wörter: gemeinsam. Polotzek spricht davon, dass man das Team mitnehmen müsse. Er sagt auch, dass er keiner sei, der alles Gewesene ignoriere und stattdessen alles neu machen will. Ach ja – auch das sei gesagt: Polotzek ist „noch zu haben“. Könnte allerdings sein, dass der neue Chef ziemlich viel Zeit bei den Tieren verbringt.
Bring doch mal den Clooney her
Dann der Anruf: „Könnt ihr mal den George Clooney bringen?“ (Letzte Chance, die Chefin zu informieren. Aber: die könnte ohnehin nicht rechtzeitig da sein und … Clooney ist ja ‚nur‘ ein Gockel.) Den Clooney-George haben sie vor der Schlachtung gerettet. Jetzt gehört er zum Tiergarten-Inventar.
Foto mit Polotzek und Clooney. „Schreib drunter, dass der Clooney links im Bild ist“, sagt der Fotograf. Und damit ein bisschen Auswahl ist, geht‘s anschließend noch zum Trampeltier und zum Poitou-Esel. Aber wer würde sich, bitte schön, das Clooney-Bild entgehen lassen? Man müsste bescheuert sein. Demnächst, wenn Polotzeks 100 Tage um sind, wird wieder nachgefragt, wie‘s denn so ist in Kleve. Glücklichsein geht halt auch ohne Prater.

Ein Chef und ein Trampeltier. Küss die Hand, Herr Hofrat. Foto: Rüdiger Dehnen
Tage wie dieser
Man reibt sich die Augen und klappt die Kinnlade zurück in die Ausgangsposition: Das soll es jetzt gewesen sein? Nicht wirklich, oder …?
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Schön, dass du dabei bist!
Mittwoch, 3. Februar, 11 Uhr, T minus 26 Stunden. Frank Günzel, Leiter des „Haus am Heiligenweg“, hat soeben die Nachricht bekommen: Morgen zwischen 10 und 15 Uhr wird geliefert …
Manches wächst sich aus
Herr Z. hat den Schuss gehört – hoffentlich. Eine Woche Dauerarrest (er hat sich Urlaub genommen dafür) haben ihre Wirkung nicht verfehlt und hoffentlich Denkspuren hinterlassen. Fest steht: Z.s Zukunft muss eine andere werden als seine Vergangenheit.