Schreibkraft
Heiner Frost

Dialog mit Vergänglichkeiten

Foto: Rüdiger Dehnen

„Earth Fire Water Air“ heißt eine neue Ausstellung im Museum Schloss Moyland, die vom 27. Januar bis zum 26. Mai zu sehen ist.

Lennart Lahuis. Foto: HF

„Earth Fire Water Air“ ist Vieles in einem. Da wäre zunächst ein Dialog. Es ist der Dialog des niederländischen Bildhauers und Installationskünstlers Lennart Lahuis mit dem Hausheiligen von Moyland, Joseph Beuys. Kunst ermöglicht Dialoge über Lebenszeiträume hinweg. Lahuis benutzt Werke von Beuys, die er selbst ausgesucht hat, um auf sie und mit ihnen zu reagieren. „Earth Fire Water Air“ ist – der Titel macht es klar – auch ein Dialog mit Elementarem. Mit Vergänglichkeiten. Die einzelnen Räume der Ausstellung reagieren auf und mit den einzelnen Elementen und stellen – quasi über Bande – den Dialog mit Beuys‘ Arbeiten her.
Lahuis‘ Auseinandersetzung mit Beuys und dessen Auseinandersetzung mit den Elementen installiert also ein Koordinatensystem – lässt Arbeiten und Denkweisen aufeinandertreffen: Reibungen entstehen.

Werkzeuge

„Earth Fire Water Air“ ist eines nicht: Fast-Food. Es geht eher um das archäologische Denken. Um die Freilegung des Vergangenen mit den künstlerischen Werkzeugen des Gegenwärtigen. Es geht um Verknüpfungen – und um den Nachweis der Eigenständigkeit, denn: Lahuis‘ Arbeiten wären auch ohne den sichtbaren Dialog mit Beuys denkbar.

Spuren im Denken

Über das Unsichtbare ließe sich trefflich spekulieren, denn Spuren im Denken entstehen manchmal auch über Bande. In den Dialekten der zeitgenössischen Kunst ist einer wie Beuys auch dann vertreten, wenn sich der „Autor“ eines Kunstwerks nicht explizit auf ihn bezieht. Lahuis‘ Ballett der Vergänglichkeiten triggert Erinnerungen. Da ist in Lahuis‘ Arbeit „Pressing Issues“ der Boden eines Raumes mit Asche bedeckt. In der Asche tauchen die Skelette verbrannter Fotografien auf: ein Bild vom Werden und Vergehen, in dem die Asche als Symbol des Gestern auf die Fotoleichen trifft, die irgendwie an Zeitungsseiten erinnern und zu Zeitreisenden auf der Grenze zwischen Sein und Gewesen werden. Das entstehende Bild kann kaum gegenwärtiger sein. Ein Kreislauf entsteht: Gedanken werden sichtbar und gegenwärtig, indem ihre Gestrigkeit enttarnt wird. Dass sich Aschespuren bis in die Ecke eines benachbarten Raumes arbeiten – ein vielleicht redundanter Kunstgriff: Lahuis‘ Asche-Installation hat Energie genug, um aus eigener Kraft andere Räume zu erreichen. Zu besetzen. Vielleicht fehlt hier dem Künstler das Urvertrauen in die Denkselbständigkeit des Publikums.

Hydrology

Und dann die Sichtbarmachung des Verlöschens: Da steigt in der Installation „Hydrology“ aus schwarzen Kästen Dampf in Form von Worten [From Oceans to clouds] auf, nur um kurz nach dem Erscheinen zu verschwinden. Liefert Lahuis einen Kommentar zur Verwundung des Planeten? Vielleicht. Wieder eine Schnittstelleninstallation, die erst in ihrer sich permanent wiederholenden Auflösung Sinn freisetzt. Man braucht Zeit mit dieser Kunst und für sie. Da bläst einer frischen Wind ins vermeintlich Vergangene und man denkt an Mahler: „Tradition ist die Bewahrung des Feuers und nicht die Anbetung der Asche.“

Ansprache

„Die Schau bildet den Auftakt zu einer Reihe von Projekten, welche die Brücke zur modernen und zeitgenössischen Kunst in den Niederlanden stärken und die Ansprache grenzüberschreitender Besucher intensivieren will“, sagt Direktorin und Kuratorin Antje-Britt Mählmann.

Foto: Rüdiger Dehnen