Herr X. hat einen Antrag gestellt. 9.000 Euro. Corona-Hilfe. Warum auch nicht? Er konnte das Geld gut brauchen.
Spielregeln gibt es allerdings auch und Herr X. wird am Ende des Verfahrens gelernt haben, dass das mit „Spielen“ irgendwie nichts zu tun hat. Anträge auf die sogenannte Corona-Soforthilfe können natürlich gestellt werden – sie sollten allerdings nicht dazu dienen, ein sich schon vorher in Schieflage befindliches Unternehmen zu „sanieren“. Eben das aber wird X. vorgeworfen. Die passende Vokabel: Subventionsbetrug.
Z. „macht in Gebrauchtmöbeln“ – hat im Oktober 2019 eine Halle eröffnet. Das Geschäft, so befinden Richter und Staatsanwalt, scheint nicht wirklich gut gelaufen zu sein. X. hat Rechnungen (Stadtwerke, Versicherung) nicht gezahlt und infolge dessen Mahnungen erhalten. Dazu – wegen einer Erbschaft, die Herr X. vorgibt, nicht angetreten zu haben – Ärger mit dem Finanzamt. X. habe, wirft man ihm außerhalb des hier zur Rede Stehenden vor, einen Geldbetrag aus eben jener Erbschaft angenommen, die er nicht angetreten zu haben vorgibt. X.s Anwalt ist ohnehin nicht sicher, ob eine persönliche Erbschaft, deretwegen das Finanzamt Forderungen erhebt, als Schräglage für X.s Betrieb zu sehen ist.
Der Richter liest dann doch mal Formulierungen aus eben jenem Antrag vor, den auszufüllen hat, wer sich auf den Weg zur Subvention macht. „Wie einfach soll man es denn noch formulieren?“, fragt der Vorsitzende rhetorisch.
Wäre man selbst Antragsteller – man hätte in Z.s Situation zumindest einmal nachgefragt. Kostet ja nichts. Andererseits: Bekommt man die falsche Antwort, ist es vorbei mit dem Geld. Ist man beim Ausfüllen allerdings fahrlässig, geht es am Ende um jenen Subventionsbetrug, der X. vorgeworfen wird.
Immer wieder flackert zwischen X.s Verteidiger einerseits und Vorsitzendem sowie dem Staatsanwalt andererseits die Diskussion auf, inwiefern die Forderungen des Finanzamts zu Z.s „Geschäftsexistenz“ gehören oder nicht. Am Ende sieht der Staatsanwalt sehr wohl einen Subventionsbetrug. 150 Tagessätze à 12 Euro. X.s Verteidiger beantragt „Einstellung wegen Geringfügigkeit“. Er hält die Formulierungen im Antragsformular für nicht wirklich eindeutig.
Das letzte Wort für X.: Er ist sprachlos. Es schnürt ihm die Kehle zu. Der Verteidiger greift erklärend ein. Erneut muss der Vorsitzende X. das letzte Wort einräumen.
Dann das Urteil: Subventionsbetrug, 150 Tagessätze à 12 Euro, zu zahlen in monatlichen Raten à 30 Euro. X. sei mit seinem Gebrauchtmöbelhandel bereits vor der Antragstellung in Schräglage geraten. Er habe Rechnungen nicht mehr zahlen können. Er habe diesen Antrag nicht stellen dürfen. Da er ihn aber gestellt habe, handele es sich um einen Fall von Subventionsbetrug. Natürlich wird X. die 9.000 Euro zurückzahlen müssen (Wertersatzeinziehung). Subventionen wie die Corona-Soforthilfe seien keine Starthilfe, sagt der Vorsitzende. „Da gibt es andere Instrumente.“