Dass eine der ersten Veranstaltungen im soeben vorgestellten Jahresprogramm des Museums Schloss Moyland ein Vortrag zum Thema Depression ist, sollte – bitte schön – niemand symptomatisch verstehen, zumal der Vortrag am Sonntag, 7. April, um 11 Uhr eine Veranstaltung des Fördervereins ist.
Das Museum versuche in der aktuellen Situation, sein Profil zu verstärken und zu verankern, so die derzeitige kommissarische Leiterin Dr. Barbara Strieder. Markenkern: Kunst und Natur. Zielgruppe: Familien.
Zunächst einmal die Ansage, dass die Ausstellungshalle im laufenden Jahr nicht zur Verfügung stehen wird. Sie wird für anderes gebraucht. Strieder: „Das hat etwas mit der Klimaanlagenproblematik zu tun.“ Nun denn – was wird es zu sehen geben?
Zunächst einmal im Rahmen der aktuellen Präsentation „Kunst. Bewegt. 14“ Werke von Erwin Heerich und Marianne Pohl. Im Museumstext klingt es wie folgt: „In Sammlungspräsentation stoßen in einem spannungsvollen Dialog braune, schwarze und weiße Kartonplastiken von Erwin Heerich auf farbige Wandinstallationen aus gefaltetem Papier von Marianne Pohl.“ Zu sehen ist „Kunst. Bewegt. 14“ noch bis zum 28. April.
Vom 11. April bis zum 19. Mai schafft der Viersener Künstler Garvin Dickhoff mit seinen „Archikulpturen“ halbstatische Gebilde als Papier, Holz und Gliedermaßstäben.“ Nina Schulze, Leiterin der Kunstvermittlung: „Für die beiden Kabinette des Nordturms hat Dickhoff raumbezogene Archikultpuren entwickelt, die er am 9. April während der Museumsöffnungszeiten installiert, wobei die Besucher zusehen können.“
Bis zum 12. Mai zeigt das Museum noch „Erwin Reusch – OIE. Auf den Spuren eines Pioniers.“ Die Ausstellung bietet einen Querschnitt durch Reuschs Werk. Im Schloss-Innenhof wird demnächst eine Reusch-Skultpur aufgebaut werden. Kurator Dr. Alexander Grönert: „Ursprünglich war ich davon ausgegangen, dass wir eine Skultpur als Leihgabe für die Ausstellung bekommen. Die hätte man dann von Beginn an sehen können.“ Es kam anders: Reusch entwarf eigens für Moyland eine Skulptur, die am Ende als Schenkung am Niederrhein bleiben wird.
Noch bis zum 25. November ist – ebenfalls im Rahmen von „Kunst. Bewegt. 14“ die Ausstellung „Beuys. Düsseldorf-Oberkassel, Drakeplatz 4“ zu sehen. Die Fotos der Beuys-Witwe Eva sind absolut sehenswert.
Mit „Kunst. Bewegt. 15“ kommt dann die erste neue Ausstellung ins Schloss. Es gilt, die Frage zu beantworten: Was geht immer? Die Antwort: Hunde und Katzen. Unter dem Titel „Tierische Freunde“ werden ab dem 26. Mai und bis zum 22. September Werke aus der Sammlung zu sehen sein. Museums-O-Ton: „In der Ausstellung begegnet man kuriosen, träumerischen-verspielten und wunderlichen Katzen- und Hundemotiven.“ Hunde und Katzen aus 100 Jahren. Das Thema dürfte gefahrlos als familientauglich eingestuft werden können. („Kinder, wir gehen ins Museum.“ „Och, nö.“ „Es gibt Hunde- und Katzenbilder.“ „Au ja.“ Kunst und Natur: Markenkern gestärkt.) Zusatz: Das Potenzial anderer animalischer Ausstellungen ist unerschöpflich. Die Sammlung dürfte einiges hergeben. Ganz bestimmt sogar.
Weiter geht‘s mit „Kunst. Bewegt. 16“: Vom 22. September bis April 2020 dreht sich alles um Beuys‘ Hasengräber. O-Ton: „Die als Hasengräber bezeichneten plastischen Werke zeichnen sich durch ihre Radikalität und Vielschichtigkeit aus.“ Zu sehen sind dann plastische Objekte, Arbeiten auf Papier, Fotografien und Filme. Man darf gespannt sein.
Ebenfalls Teil von „Kunst. Bewegt. 16“: Gestempelte Multiples, Drucksachen und Fotografien. „Ende der 1960-er Jahre begann Beuys, Schriftstücke und Objekte, die ihm wichtig waren, in seine Kunst einzubeziehen, indem er sie mit einer Stempelung und manchmal auch mit mehreren versah.“
Das Jahr geht mit einer „Herzenssache zu Ende. Es geht um die weitgehend unbekannte Seite eines Mannes, der, flapsig gesagt, ein deutscher Comic-Vorreiter der ersten Kategorie war. Barbara Strieder: „Wilhelm Busch schuf im Verborgenen ein malerisches Oeuvre, das es zu entdecken gilt. In seinen meist kleinformatigen Ölbildern widmet er als scharfer Beobachter Szenen des dörflichen Alltags, Kinderdarstellungen und Portraits.“ Zu sehen sind die Herzenssachen vom 13. Oktober bis zum Februar nächsten Jahres.
Frank Ruffing, Vorsitzender des Fördervereins, lobte das Team des Museums. „Obwohl momentan mehr als acht Stellen unbesetzt sind, ist hier ein tolles Programm entwickelt worden, bei dem alle an ihre Grenzen und zum Teil darüber hinaus gegangen sind.“ Anders gesagt: Hervorragende Arbeit in schweren Zeiten. Im Museumspark wird es in absehbarer Zeit übrigens „Abenteuer- und Erlebnisflächen“ für Kinder und Jugendliche geben. Familie als Zielgruppe. Kunst und Natur, Was zu beweisen war.
P.S. Natürlich finden auch in diesem Jahr Kräuter- und Hortensienfest statt – dazu kommen „Bankett unter Bäumen“., „Zelten unter Bäumen“, ein „Open Air der Liedermacher“, ein Familienvormittag, eine Sommer-Kinderakademie und – lange dauert‘s nicht mehr: Ein „Ostermontag für Familien“ (22. April) mit Frühstück und Osterschatz-Suche im Park.
Kommentar
Wo soll man sich beschweren? Nicht beim Personal jedenfalls. Das Team gibt sein Bestes. Längst ist dergleichen zum allgemeinen Befund geworden: Belegschaften sind unterbesetzt und schaffen es trotzdem, weil sie sich ins Zeug legen. Niemand lässt den Karren gegen die Wand fahren. So bestätigt man quasi hinter dem eigenen Rücken die Machbarkeit des Unmöglichen. Das ist in Moyland nicht anders. Das Team schafft, was geht. Aber: Wenn mehr als acht Stellen unbesetzt sind (O-Ton: Frank Ruffing), kann das doch eigentlich nicht ohne Folgen bleiben, es sei denn, die acht Stellen waren immer schon überflüssig, wovon nicht ausgegangen werden sollte.
Das neue Programm für das Museum Schloss Moyland ist – wie soll man es sagen – eine Art Intervallfasten in Sachen Kunst. Früher war alles besser – ein Satz, der oft genug von Ewig-Gestrigen in Diskussionen geworfen wird wie der Sand ins Getriebe oder das Salz aufs Eis. Und Moyland? Sie versuchen das Mögliche und schaffen mehr als das. Natürlich ist es schön, eine Ausstellung zu machen, die Hunde und Katzen zum Thema macht. Natürlich wird sich in der Sammlung Material finden, das man zeigen sollte. Trotzdem waren Ausstellungen, die jetzt quasi auf der Hauptbühne zu sehen sind, früher Vorprogramm – sehenswerte Ergänzungen des Eigentlichen. Was das Eigentliche ist, darüber lässt sich freilich trefflich streiten. Wie sagte einst der deutschen größter Satiriker: Früher war mehr Lametta.