Schreibkraft
Heiner Frost

Wiedersehen mit Unbkeannten

Wäre man Detekiv in Sachen Malerei – der „Verursacher“ dieser Bilder wäre schnell gefunden. Die Spurenlage: Deutlich. Horst Keining gehört zu den Tätern, die man in der inneren Datenbank mit Fingerabdruck und DNA hinterlegt hat.

Keining ist einer, der es immer wieder schafft, seine Handschrift zu variieren ohne den Personalstil zu verleugnen. Wer die Bilder der neuen Ausstellung „Yet Again“ in der Kranenburger Galerie Ebbers anschaut, freut sich gewissermaßen über ein „Wiedersehen mit Unbekannten“. Keining taugt für den Widerspruch.
Die Bilder der Ausstellung – allesamt aus dem vergangenen Jahr; allesamt in Paris entstanden, wo Keining drei Monate lebte und arbeitete. Keining ist einer, der mit dem Gesehenen arbeitet. Alles kann in seiner Malerei enden – in sie eingehen, sich in ihr verselbständigen: Tapetenmuster, Zeitungen, Werbeplakate … Keining ist einer, der Gesehenes in die eigene Handschrift überführt – manchmal verfremdet, ein anderes Mal verkürzt und dann wieder ins Denken erweitert. „Nichts ist unwichtig“, scheint er zu soufflieren und liefert Protokolle des Gesehenen, ohne sich auf das Nacherzählen zu beschränken.
Wer die neuen Bilder sieht, hat den Eindruck, dass sie dem Betrachter mehr entgegegenkommen als sonst. Alles wirkt irgendwie konkreter, handreichender – weniger zurückgezogen. „Yet again“ ist eine Erzählung in Malerei, reicht weiter als eine Zustandsbeschreibung und ist trotzdem keine Handlungsanweisung für Endverbraucher. Keining demonstriert das Vereinnahmen der Welt durch Beobachtung des vermeintlich Nebensächlichen. So wird ein spezieller Akt des Erinnerns nachgestellt, der nicht den großen Zusammenhang zur zentralen Sache macht, sondern dokumentiert, was sonst allzu schnell übersehen wird. Statisten und Hauptdarsteller scheinen die Plätze zu tauschen.
„Du beschäftigst dich mit einem Thema, und wenn du den richtigen Einstieg findest, kannst du dich immer weiter und immer tiefer da reinarbeiten. Es wird ständig spannender. Interessanter. Man durchschaut Zusammenhänge. Das Ganze wird immer komplexer. Aber es wächst ja nicht nur der Grad der Komplexität – es wächst auch der Grad des Verstehens. Das ist das Fantastische. Es gibt immer mehr Ecken, hinter die man schauen kann. Dadurch entsteht Faszination. Bei der Kunst ist das nicht anders“.