Schreibkraft
Heiner Frost

Mataré: Full House

Foto: Rüdiger Dehnen

„Das gesamte Weltall, das Universum“ – zwei Definitionen für ein Wort: Kosmos. „Ewald Mataré Kosmos“ heißt die Ausstellung, die bis zum 9. März im Museum Kurhaus zu sehen ist.

Fulminant

„Kosmos“ ist ein fulminantes Unterfangen. Mit über 600 Werken werden 24 Säle neu bespielt – 18 davon: Themenräume. 40 Veranstaltungen im Rahmenprogramm – dazu ein zoologisch-kunsthistorischer Podcast mit den Direktoren des Museums Kurhaus (Harald Kunde) und des Klever Tiergartens (Martin Polotzek), videografierte Interviews mit Zeitzeugen, großformatige Fotografien von Matarés Kunst im öffentlichen Raum, die – so empfindet es Christiane Heiser – als „Teaser für die Wirklichkeit“ verstanden werden können.

Öffentliche Räume

Das Meiste von dem, was da fotografisch in Szene gesetzt wurde, lässt sich in der Wirklichkeit des öffentlichen Raumes wiederfinden wie beispielsweise Matarés Krieger an der Klever Stiftskirche, der erst zerstört, dann begraben und schließlich zurück in die Stadtbild-Wirklichkeit transferiert wurde. Happy-Ende für eine eigentlich traurige Geschichte vom Umgang mit Kunst und Künstlern.

Ein Mäzen

Die erste Diagnose des „Kosmos“: gigantisch. Fünf Kuratierende (Valentina Vlasic, Annemarie Gareis, Christiane Heiser, Dietmar Lutz, Franca Zitta), dazu die Kunstvermittlerin Katrin Kluge, die mit der Klever Fotografin Kirsten Becken zusammen an den Podcasts und Interviews gearbeitet hat und – natürlich Guido de Werd, Alleinerbe des Mataré Nachlasses und – nach eigener Einschätzung und Aussage – bedeutender Kunstmäzen für die Stadt Kleve. (Man ist nicht ganz sicher, ob de Werd den Superlativ fürs eigene Werken und Wirken gebrauchte oder sich nur als bedeutend in die Kunstgeschichte Kleves einfädelt.) Angesichts des Alleinerbenstatus könnte man vielleicht auch sagen: geschenkt!

Dank an ein famoses Team

Zurück in die Wirklichkeit: Kurhaus-Chef Harald Kunde nennt „Kosmos“ eine gigantische Anstrengung und bezieht in den Dank für die Realisierung des Mammut-Projektes das gesamte Kurhaus-Team ein. Und ja – „Kosmos“ ist irgendwie gewaltiggewichtig. Statt „House of Mataré“ könnte man auch sagen: „Full House“. Ein ganzes Museum wird bis zum kommenden März einen Grundklang abstrahlen: Es ist der Mataré-Akkord.

Head of Mataré

Man sieht eine Ausstellung, die nicht nur das Werk Matarés darstellt, sondern irgendwie auch eine Reise in dessen Kopf ist: Tagebücher sind zu sehen („Wer Sütterlin lesen kann, ist klar im Vorteil“; Valentina Vlasic), Entwürfe, ein Atelier … was heißt hier ‚ein‘ Atelier? Es ist ‚das‘ Atelier – Matarés Atelier, in das man blicken kann. „Alles original und trotzdem anders.“ (Valentina Vlasic.)

Spurensuche, Werkschau

„Kosmos“ ist Spurensuche, Werkschau und Echo (siehe unten). „Kosmos“ beansprucht Zeit. Irgendwie, denkt man, passt, was da zu sehenhörenlesen ist, nicht in einen Tag. Da wird eine Welt gebaut: Matarés Welt. Und – jetzt das Echo – man kann Zeuge der Reaktionen auf Mataré werden: „House of Mataré“. „Dort [im Friedrich Wilhelm Bad] werden Arbeiten der neuen Nutzer des ehemaligen Wohn- und Atelierhauses von Mataré in Meerbusch Büderich ausgestellt. Die Künstler sind Stipendiaten und weitere in das Mataré-Haus involvierte Künstler“, heißt es im Leporello zur Ausstellung. So gesehen also ein zweiter Teaser ins Gegenwärtige – kuratiert von Dietmar Lutz und Franca Zitta.

Was dann bleibt …

„Kosmos“ ist in Sachen Mataré irgendwie allumfassend. Ein Künstler wird zum Hausbesetzer – ein Museum zum Eintauchbecken in Werk, Zeit, Gedanken – eine Stadt zum Wiedergeburtshelfer. Wieder einmal denkt man: Es sollte eine Mataré-Dauerkarte geben oder zumindest eine, mit der man – sagen wir – drei Mal wiederkommen darf, um sich mit Mataré anzufüllen. Demnächst: der Mataré-Podcast mit Harald Kunde und Martin Polotzek: Kunst zum Anhören. Auch an der Devotionalienfront wurde gearbeitet: Postkarten mit Mataré-Tieren und den zoologischen Originalen, die Bambus-Powerbank mit Mataré-Symbol, emaillierter Einkaufswagenchip mit Mataré-Motiv und – wie geschrieben: 40 Veranstaltungen im Begleitprogramm. Das dürfte bis März reichen. Was dann aus dem Mataré-Kosmos wird, bleibt abzuwarten.

Foto: HF