Schreibkraft
Heiner Frost

Eine Bank im Ozean am Ende des Tages

Regisseur Rinus Knobel. Foto: Rüdiger Dehnen

Theater in Corona-Zeiten: Du kochst für 20 und niemand kommt zum Essen. So muss es sich anfühlen.

Ein Garten für den Wal

Beim Theater mini-art in Bedburg Hau proben Crischa Ohler und Sjef van der Linden mit Regisseur Rinus Knobel das neue Stück: Ein Garten für den Wal. Wann es eine Premiere geben wird – wer soll das sagen? Aber: Man kann ja mal gucken. Maske auf, sechs Meter Abstand zur Poesie – ein Probenbesuch.
Ein Wal im Ozean hat, erfährt man, auch Wünsche: Eine Bank am Ende des Tages. Vielleicht ein Garten auf dem raumgreifenden Walrücken. Freunde könnte kommen – sich auf die Bank setzen, die Bank im schönen Garten auf dem Rücken des Wals im großen Ozean. Es ist wie im Leben: Ein Wunsch erzeugt den nächsten und die Frage am Ende des Tages ist nicht die nach der Bank auf dem Walrücken im weiten Ozean. Es ist die nur scheinbar banale Frage, was man braucht, um glücklich zu sein. Es geht um die Macht der Dinge über die Freiheit in der Seele.

Kopfkoffer

Was Ohler, van der Linden und Knobel da auf- und vorführen ist wie oft auf dem Theater die große Frage hinter Schein und Sein. „Ein Garten für den Wal ist“, beschreibt es der Regisseur, „Objekttheater“. Viele Requisiten werden gebraucht – sie sind der Lebenshauch in den Szenen. Das Stück braucht viel Personal, aber da sind nur Ohler und van der Linden in einem Multirollengeflecht. Man könnte nun glauben, in etwas Objektüberladenem zu stranden wie ein Wal am Strand. Dem ist nicht so: überhaupt nicht. Knobel inszeniert so, dass im Kopf des Zuschauers genügend Raum bleibt, für das, was Theater ausmacht: Das Miterleben in der eigenen Welt. „Ein Garten für den Wal“ ist – man kennt das von mini-art – das große Theater der kleinen Dinge. Sind die Mittel begrenzt, entsteht nicht selten genau daraus, die wunderbare Welt der Phantasie. Das ist unpräzise: Die eigene Phantasie hat man ja mitgebracht – im Kopfkoffer. Theater ist wie der Feenkuss für den verwunschenen Prinzen: Theater weckt das Verborgene.
Das schreibt man an eben dem Tag, an dem Pippi Langstrumpf Geburtstag feiert: Bücher und Theater sind Appetitanreger für die wunderbare Welt des Phantastischen und so viel steht fest: Je weniger konkret sie sind, um so größer müssen die Flügel sein, die man ausklappt, um über die Welt zu fliegen.
Niemand weiß, wann „Ein Garten für den Wal“ Premiere feiert, aber eines weiß man schon jetzt: Der Weg lohnt sich zu dieser Bank am Ende des Tages mitten im Ozean.

Crischa Ohler und Sjef van der Linden beim Proben. Foto: Rüdiger Dehnen

 

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