Köster? Klar. Hat man schon gesehen. Ziemlich virtuos, was der so malt. Einer, der‘s drauf hat, denkt man. Jetzt ist er wieder mal in der Galerie Ebbers zu sehen. „Femmes argentées déjeunant“.
Im Ausstellungsraum Viel Frauliches. Das hatten wir doch schon, denkt man, und dann schleicht sich etwas ein. Man möchte blinzeln – drei oder vier Mal, bis die Irritation sich von der Netzhaut gestohlen hat. Irritation kann man‘s eigentlich gar nicht nennen. Was man sieht ist irgendwie Köster plus.
Es braucht einen Augenblick, bis die Erkenntnis einsickert, dass sich die Dinge zu mischen scheinen. Picasso schimmert durch. Kirchner. Die Renaissance. Kösters Kommentare zur Kunstgeschichte? Das wäre zu kurz gegriffen. Zuerst denkt man, dass Picasso falsch abgebogen ist und sich in einen Köster verlaufen hat. Dann sieht man symbiotisches. Nichts ist, wie du es denktst. Denkt man. Nichts ist, wie du es siehst. Sieht man.
Der Galerist spricht. Es sei, sagt er, nicht so, dass Köster die Kollegen, deren Werke er zitiert, als Tapete benutze. Köster schaffe neue Räume. Ja. Vielleicht. Bestimmt üben Kösters Neue einen faszinierenden Reiz aus. Sie blasen frisch ins Hirn und machen Arbeit. Man fühlt sich im Fremden zuhause und zuhause ein bisschen fremd.
Es gruselt einen, denn Köster spielt – dabei hatte man doch gar nicht mit ihm gesprochen – mit den Erwartungen, die man mitbrachte. Der Blick wird neu poliert und wenn man an alles denkt – dann an eines bestimmt nicht: Dass da einer sich mit den anderen befasst, weil er sich neu erfinden muss. Köster, das eben ist das Wunder seiner neuen Bilder, belebt die Sicht auf alle Ebenen. Man kann am Schluss nicht sagen, dass man es doch schon geahnt hatte.
Alles lebt durch den Widerspruch. Aber: Es gibt keinen Widerspruch, denn Köster schafft Einheiten. Er engagiert das Personal der anderen – wird zum Head-Hunter, und man reibt sich die Augen. Da hat einer sein Vokabular erweitert und öffnet tatsächlich neue Räume. Es ist wie oft bei Köster: Die Bilder – Lösungen eines malerischen Problems. Hier geht es unter anderem um die Vereinigung unterschiedlicher Vokabeln. Natürlich sind da die Motive, aber sie sind die äußere Umlaufbahn – der sichtbare Schicht der Lösung. Ein bisschen fühlt man sich, als wäre man zu einer Besichtigung des Möglichen, der inneren Werkstatt eingeladen. Bilder als Denkwiesen. Lofts. Am liebsten ließe man sich alle Bilder einpacken (gibt es Mengenrabatt auf das Fantastische?), trüge sie nach Hause und sähe ihnen – ein Croissant in der Hand – beim Weiterleben zu. Man hatte schon früher den Eindruck, dass Kösters Bilder Rudeltiere sind, die sich nachts, wenn‘s keiner merkt, austauschen. Jetzt, denkt man, unterhalten sie sich mit noch mehr Ton – sind noch beredter geworden – in den Farben, in der reduzierten Virtuosität, in der Direktheit der Gedanken. Sie brauchen Kontakt. Kösters Arbeiten sind kein Kommentar zur Kunstgeschichte, sie sind eine unerwartete Neuversion dessen, was man verstanden zu haben glaubte. Sie quatschen einen von der Seite an und sagen: „Hast du‘s schon mal so gesehen?“ Und man steht da und muss gestehen; „Nein, so hatte ich‘s noch nicht gesehen.“ Das Gefühl: Diese Bilder werden schnell verreisen und nicht lange auf neue Wände warten, die es zu erobern gilt. Man träumt davon, dem Galeristen zu sagen: „Ich nehme sie alle. Was macht das?“