Der 1. Preis beim Wettbewerb des BVDA (Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter) um den „Durchblick-Preis 2019“ in der Kategorie „Beste journalistische Leistung für den Beitrag ging an Heiner Frost für seinen Text „Der falsche Mann“.
Aus der Begründung der Jury:
DURCHBLICK Preisverleihung 2019 –
Statements der Jury zu den Erstplatzierten
BESTE JOURNALISTISCHE LEISTUNG
1. PLATZ
Niederrhein Nachrichten Verlag GmbH
„Der falsche Mann“ von Heiner Frost
Hier geht’s zum Text „Der falsche Mann“
Stefan Hertel (Handelsverband Deutschland – HDE e.V.)
„Ein sprachgewaltiger Beitrag, der einen sprachlos zurücklässt. Dem Artikel merkt man an, mit wie
viel Engagement und Verve Heiner Frost sich des Themas angenommen hat. Eine Geschichte, die den
Leser nachdenklich stimmt und in Erinnerung bleibt.“
Mario Fischer-Knop (Werbepost Anzeigenblatt GmbH & Co. KG)
„Der Fall hatte bundesweite Aufmerksamkeit und wurde in fast allen bedeutenden Medien der
Republik thematisiert. Nirgends jedoch wurde er so detailliert und gut recherchiert beschrieben, wie
von Heiner Frost in den Niederrhein Nachrichten.“
Franz-Reinhard Habbel (KOMMUNAL.HUB)
„Welche Kraft in Anzeigenblättern steckt, wird in diesem Beitrag besonders deutlich. Eine
ausgezeichnete journalistische Leistung, die den ersten Platz in dieser Kategorie zu Recht verdient hat.
Eine wahre journalistische Meisterleistung mit großem überörtlichen Interesse.“
Josephine Macfoy (Berliner Wochenblatt Verlag GmbH)
„Der Text beginnt wie ein Kriminalroman, die wohl gesetzten Worte ziehen den Leser sofort in die
Geschichte und wecken das dringende Bedürfnis, sie zu ergründen. Es folgen die Ergebnisse einer
umfangreichen Recherche, dargebracht mit Versatzstücken der Polizeiakten. Am Ende hat man eine
Art tragischen Briefroman gelesen, nicht einen Bericht über einen Fall, an dem schon diverse Medien
sich abgearbeitet haben. Selten gelingt es, einer oft erzählten Geschichte ein derart frisches Gewand
zu verpassen.“
Juliane Ibold (DER MITTELSTANDSVERBUND – ZGV e.V.)
„‘Der falsche Mann‘ zeigt erschreckend, zu welch einer Tragödie eine Verwechslung führen kann. Die
Niederrhein Nachrichten Verlag GmbH gibt einem Mann Gehör, dessen Geschichte nie vollständig
erzählt wurde. Ein Beitrag, der unter die Haut geht und fassungslos macht.“
Oscar Tiefenthal (Evangelische Journalistenschule)
„Die Geschichte einer tragischen Verwechslung, von Heiner Frost akribisch recherchiert und sehr dicht
aufgeschrieben. Ein wirklich solides und gut geschriebenes Stück und eine beachtliche journalistische
Leistung. Es hat sich absolut gelohnt, für diese Geschichte auch den entsprechenden nötigen Raum
einzuräumen. Kompliment auch an die Redaktionsleitung der Niederrhein Nachrichten.“
Heiner Frost spricht mit Heiner Frost
Das ist schwer zu beschreiben. Zum einen ist es toll. Da steht dieses Ding auf dem Tisch, dein Name steht drauf. Irgendwas muss wohl richtig gewesen sein. Du liest die Begründung der Jury und denkst: Die meinen tatsächlich dich. Das fühlt sich natürlich gut an.
Dass es sich gut anfühlt. Mein Professor – ich habe früher Komposition studiert – hat immer gesagt: „Bei Kritiken musst du eine Entscheidung treffen: Entweder du wirfst alle ungelesen weg oder nimmst alle ernst. Du kannst nicht nur die Guten aufhängen und die anderen ignorieren.“ Genau da liegt dieses Paradox. Wenn man bei einem Wettbewerb mitmacht und in der ersten Runde rausfliegt, muss das die gleiche Bedeutung haben wie ein Preis, den man bekommt. Aber: Man kriegt das kaum hin. Wie gesagt: Lob ist etwas sehr Bequemes. Ich habe die Begründung der Jury bestimmt sechs Mal gelesen. Es fühlt sich gut an. Aber es ist gefährlich, denn nichts von dem, was da steht, hilft mir beim Schreiben der nächsten Geschichte. Dazu kommt, dass Geschichten schnell verfliegen. Du wirst für etwas gelobt/geehrt, das fast sechs Monate zurückliegt. In diesem Fall war es so, dass an dem Morgen, als ich aufbrach, um nach Berlin zur Preisverleihung zu fliegen, die Geschichte von Ahmad A. wieder in den Medien war. Das Ganze hat eine neue Wendung genommen. Die Geschichte ist noch nicht vorbei. Plötzlich habe ich dann gemerkt: Das ist alles noch sehr aktuell.
Ich weiß es nicht – ich habe ihn ja gerade erst bekommen. Die Geschichte – das weiß ich – hatte Folgen. Eine der Folgen war, dass ich den Job, den ich seit zwölf Jahren in der Justizvollzugsanstalt Kleve hatte, verloren habe. Mein Vertrag – ich habe im Knast die Gefangenen-Zeitung Jaily News betreut – wurde nicht verlängert. Gründe wurden nicht angegeben. Man hat mir diverse Verfehlungen vorgeworfen, von denen nicht eine benannt wurde. Das hat weh getan.
Offiziell nicht. Aber was ist schon offiziell, wenn Leute die Gründe nicht nennen, einen Vertrag zu beenden? Der Preis fühlt sich jetzt ein bisschen wie das lebensnotwendige Gegengift an. Knast ist ein autoritäres, absolutistisches System. Das habe ich jetzt sehr deutlich gemerkt. Knast duldet keine Meinung, keine Widerworte.
Okay. Zurück zum Preis – aber irgendwie gehört das ja alles zusammen. Ich konnte diese Geschichte ja nur schreiben, weil ich mich auf der anderen Seite auskenne.
In den Tagen davor ganz schrecklich. Ich hätte Geld dafür bezahlt, nicht dahin zu müssen.
Ist es nicht. Mir ging es bei dem Gedanken an diese Preisverleihung wirklich nicht gut. Aus der Rückschau ist es nicht ganz so dramatisch. Ich bin froh, dass Menschen von den Niederrhein Nachrichten dabei waren. Unsere Redaktionsleiterin, Andrea Kempkens, stand mit auf der Bühne. Das hat sich gut angefühlt, weil ich nicht alleine da stehen musste. Anschließend haben wir dann mit den Kollegen Sekt getrunken und ich habe nur gedacht: Hoffentlich spricht dich niemand an, den du nicht kennst. Sowas wird einem schnell als Überheblichkeit und Arroganz ausgelegt, aber im Grunde bin ich jemand, der Angst hat vor solchen Situationen. So eine Preisverleihung ist irgendwie das Gegenteil von mir. Einfach zu viel Öffentlichkeit. Ist nicht so meins. Trotzdem steckt natürlich in alledem eine Glücksdroge. Es fühlt sich wirklich gut an, die Jurybegründung zu lesen. Aber man sollte versuchen, das abzuschalten. Wie schon gesagt: Lob macht träge und Trägheit ist nicht gut. Was sich gut anfühlt, ist, dass Leute sich mit dir und für dich freuen – vor allem Kollegen. Sowas rührt mich dann zu Tränen…, die ich natürlich verstecke. Gleich nach der Preisverleihung habe ich den besten Freunden geschrieben: „Ich hab‘ ihn.“ Dann kamen in kürzester Zeit sehr viele Rückmeldungen. Das ist ein wunderbares Gefühl. Das kann ich nicht anders sagen. Zwischendurch denke ich dann wieder: Damit diese Geschichte ihren Weg machen konnte, ist ein Mensch gestorben und bis jetzt sind die Umstände dieses Todes – und auch der Weg dorthin – nicht geklärt. Das ist das Dramatische. Man vergisst das schnell im Licht eines solchen Preises. Als Journalist bist du nichts ohne die Geschichten, die du schreibst. Diese Geschichten sind nun mal nicht erfunden. Sie stammen aus der Wirklichkeit.