Schreibkraft
Heiner Frost

Zwiegespräche

Foto: Rüdiger Dehnen

Man möchte alleinseindürfen mit einer Ausstellung wie dieser. Man möchte sich ein Zeitfenster buchen und – für eine halbe Stunde vielleicht – ungestört Zwiegespräch halten mit dem Wunderbaren. Manchmal wird die Kunst zur Tankstelle. Zur Kraftquelle. Dann ist alles erreicht …

Sensation im besten Sinn

Was da im Projektraum 25 am Bahnhof zu sehen ist, bewegt sich fernab vom Spektakel und ist doch Sensation im besten Sinne. Da wird ein Raum zum Naturreservat: ein Baum (oder ist es eine Wurzel?) hängt wie ein Krake von der Decke, eine Marschtrommel balanciert auf Besenstielen … Irgendwie ist das schräg, denkt man gerade – da beginnt der Baum zu sprechen. Eigentlich spricht er nicht – er kommuniziert. Man berührt ihn, ein Klang entsteht: aufgefangen von einem Kontaktmikrofon.

Taka Kagitomi, Foto: Rüdiger Dehnen

Löwen

Ein Dialog findet statt. Man denkt an Wittgenstein: „Wenn ein Löwe sprechen könnte, würden wir ihn nicht verstehen.“ Jetzt spricht der Baum, aber es ist eben nicht der Baum: Man ist es selber. Man spürt, wie aus der Berührung ein Klang wird, der sich fortsetzt in der Vibration der kleinen Trommel, die auf den Besenstielen balanciert. Nein, man mag diesen Raum nicht teilen: mit niemandem. Man möchte versinken im Augenblick. Man wechselt den Raum – ein Sprung in die Stille einer anderen Welt: da wird aus Schriftzeichen ein Schleier – da verdichten sich Symbole der Kommunikation zu einer federleichten Wand – eigentlich ist es keine Wand, es ist ein Hauch – ein Federstrich. Schriftzeichen auf Glas und hinter Glas. Wechselt man die Position, beginnt, was man sieht, zu changieren, erwacht zum Leben wie nebenan der Baum. Welten wachsen zueinander – treffen sich in unmittelbarer Nachbarschaft: hauchen sich gegenseitig Leben ein.

Einvernehmen

Satomi Edo. Foto: Rüdiger Dehnen

Die da mit wunderbarer Leichtigkeit den Raum bespielen, sind zwei japanische Künstler: Satomi Edo  und Taka Kagitomi. Was man sieht, ist die erste Ausstellung zum Projekt ‚In der Ebene‘, Untertitel: ‚In die Ferne‘. Die Arbeiten von Edo und Kagitomi wirken als seien sie in gegenseitigem Einvernehmen entstanden, erdacht, erfühlt. Sind sie aber nicht. Trotzdem findet Ergänzung statt. Es entsteht der wunderbare Mehrwert des stillen Dialogs. Man muss nichts erklären. Vielleicht kann man nichts erklären. Was da im Projektraum zu sehen ist, verlangt nach Einatmung, Einverleibung im besten Sinn. Man möchte alleinseindürfen mit der Besonderheit des Augenblicks.

Projektraum Bahnhof 25

Eröffnet wird die (gottseidank) namenlose Ausstellung am Samstag, 13. Mai um 16 Uhr. Zur Einführung spricht Dr. Antje-Britt Mählmann. Am Samstag, 21. Mai, um 19 Uhr, findet im Rahmen der Kreis Klever KulTourtage im Projektraum eine ‚Experimental noise performance‘ unter dem Titel ‚The Dead Sex Universe‘ statt. Die Ausstellung mit den Werken von Satomi Edo und Taka Kagitomi ist das mittlerweile 56. Ausstellungsprojekt. Öffnungszeiten des Projektraums: Samstags und sonntags zwischen 13 und 17 Uhr und nach Vereinbarung (www.bh25.de). Zu finden ist der Projektraum in Kleve, Bahnhofstraße 25.