„Das Weihnachtsfoto hab‘ ich im Kasten“, sagt NN-Fotograf Rüdiger Dehnen. Wie das? Es ist der 30. Juni und draußen bringt sich eine Hitzewelle in Stellung. Dann der Gedanke: Es muss an Jennifer liegen. Jennifer ist eine Rentierdame.
Eine von elf
„Rentiere sind total beliebt bei unseren Besuchern“, sagt Tiergartenchef Martin Polotzek und verweist auf ‚Rudolf, das Rentier mit der roten Nase‘. Ach so. Dabei geht es heute gar nicht um Martin Polotzek oder Rudolf und auch Jennifer ist nur als Nebenrolle besetzt. Es geht um Christin Sieverding, ihres Zeichens Tierpflegerin im Klever Tiergarten. Eine von insgesamt elf – zehn Pflegerinnen und ein Pfleger. Ist das repräsentativ? „Eher nicht, obwohl Frauen in diesem Beruf auf dem Vormarsch sind.“ Sieverding hat ihre Ausbildung im Klever Tiergarten gemacht – den praktischen Teil. Die Theorie wird in Nordrhein-Westfalen an zwei Schulen unterrichtet. Eine ist in Münster, die andere in Düsseldorf. „Ich war in Münster“, sagt Sieverding, die seit Februar mit der Ausbildung fertig ist. Ihre Aufgabe im Tiergarten: „Hauptsächlich Springerin.“ Das müsste erklärt werden. Martin Polotzek: „Wir haben unseren Tiergarten in vier Reviere aufgeteilt, wovon eines so groß ist, dass es mit zwei Pflegern besetzt ist.“ Vor ein paar Jahren waren es weniger. Polotzek: „Da hatten wir pro Tag zwei bis drei Pfleger im Einsatz. Jetzt sind es fünf. Der Grund? „Die Standards haben sich erhöht und wir haben anspruchsvollere Tierarten.“ Christin Sieverding kann es in jedes der vier Reviere verschlagen. Das Ergebnis: Sie kennt alle (circa 300) ‚Insassen‘ – die meisten inklusive Namen.
Ziemlich anstrengend
Tierpflegerin ist ein Knochenjob. Zeit für das doppelte ‚sch‘. „Scheiße schaufeln macht einen großen Teil des Jobs aus. Das sehen viele nicht und das ist ziemlich anstrengend.“ Noch etwas, das viele nicht sehen: „Teil unserer Ausbildung ist auch, dass wir Tiere töten.“ Im Fall Christin heißt das: „Tiere bis zu einem Gewicht von fünf Kilogramm, denn ich habe innerhalb meiner Ausbildung nur den sogenannten ‚kleinen Schlachtschein‘ gemacht. Tierpflegerin – das stellten sich viele als irgendwie romantisch vor.
Krankheit verstecken
„Natürlich ist der Kontakt zu den Tieren etwas sehr Schönes, aber in unserem Beruf geht es um weit mehr.“ Hat Sieverding ein Lieblingstier? „Klar. Bei mir ist es das Pandamännchen.“ Ein schöner und interessanter Teil des Jobs: „Wir trainieren die Tiere.“ Es geht da nicht etwa um Kunststücke – es geht darum, die Tiere an den Kontakt zum Personal zu gewöhnen. „Das ist immer dann wichtig, wenn es um Untersuchungen und Behandlungen geht.“ Wechselt man eigentlich als Pfleger beständig durch die Reviere? „Ich als Springerin schon. Normalerweise ist das eher nicht der Fall. Wer ständig im selben Revier tätig ist, kennt sich besser mit den einzelnen Tieren aus und erkennt, wenn ein Tier krank ist. Die meisten Wildtiere verstecken ja ihre Krankheit.“ Fragezeichen tauchen auf. Wieso tun die das? „Ganz einfach: Wenn du ein Beutetier bist, möchtest du nicht, dass deine Jäger merken, dass du krank bist. Du möchtest auch nicht aus der Herde ausgeschlossen werden und dann allein sein.“ Das leuchtet ein. Und es leuchtet auch ein, dass ein solches Verhalten nicht einfach aufhört, weil ein Tier im Zoo lebt. Und eben daher ist es wichtig, dass die Pfleger ihre Pappenheimer genau kennen, um bei einer Krankheit schnell Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Erst mal ein Praktikum
Gibt es einen Rat für alle, die mit dem Tierpflegerberuf liebäugeln? „Klar: Auf jeden Fall erst einmal ein Praktikum machen.“ Interessenten müssen sich auch im Klaren darüber sein, dass es in einem Tiergarten kein Wochenende gibt. Sieverding: „In der Regel ist jedes zweite Wochenende ein Dienstwochenende.“ Das leuchtet ein.