Schreibkraft
Heiner Frost

„Lach nicht, du bist tot!“

Planung und Suppe

Es ist Mittwoch, 19.30 Uhr, Tatort: Feuerwehrhaus Frasselt. Draußen ist es der Abend ziemlich rabenschwarz. Noch. Das wird sich in einigen Minuten ändern, denn die Freiwilligen Gemeindefeuerwehr von Kranenburg hat ihre Jahresabschlussübung angesetzt. Teilnehmen werden rund 50 Feuerwehrmänner aus Kranenburg, Nütterden, Wyler, Zyfflich, Niel, Mehr und Frasselt/Schottheide. Genauer gesagt sind die Kameraden aus Frasselt/Schottheide als Ausrichter zuständig für die Planung um Vorfeld und die „Suppe danach“. Einsatzleiter ist Wehrführer Norbert Jansen aus Kranenburg. In Frasselt haben Willi Ehren und Alfred Hendricks sich federführend um die Planung gekümmert.

Einschweben ohne Blaulicht

Gegen 19.38 Uhr („Feuer ist schließlich nicht pünktlich!“) gehen die Frasselter ‘auf Sendung’: „Florian Kleve achtundvierzig einundfünfzig einunddreißig von zehn-einundachtzig kommen: Frasselt Schulplatz — starke Rauchentwicklung mit eingeschlossenen Personen. Ohne Sonderrechte.“ Die Übung ist eröffnet. Die nicht vorhandenen Sonderrechte bedeuten in diesem Fall; „Einschweben“ ohne Blaulicht und Sirene. Kurze Zeit nach dem Absetzen der Meldung treffen die ersten Wehren in Frasselt ein. Das Szenario: Eine Schulklasse ist in einem brennenden Gebäude eingeschlossen und muss geborgen werden. Feuer allerdings wird es bei der Übung nicht geben — dafür allerdings eine Nebelmaschine, die den ersten Stock der alten Schule in eine „Geisterbahn“ verwandelt, in der es für die Retter nicht viel zu sehen wohl aber viele zu suchen  gibt. Zunächst einmal muss der Einsatzort ausgeleuchtet werden. Nach circa 5 Minuten ist aus dem vormals dunklen Platz ein mehr oder weniger grell beleuchteter Einsatzort geworden. Die einzelnen Züge und Löschgruppen sprechen sich ab. Leitern werden an die Hauswand angelegt und die ersten Männer machen sich auf den Weg in das Gebäude — Ziel: erster Stock. Irgendwo da müssen sich die eingeschlossenen Schüler befinden. Mit ihren Atemschutzmasken und Sauerstoffflaschen sehen die Feuerwehrmänner ein bisschen aus wie Außerirdische, aber das, was hier abläuft, ist äußerst irdisch, äußerst real. Genau so könnte es in der Wirklichkeit sein. „Eben darum sind solche Übungen wichtig“, ist sich Norbert Jansen sicher. Die im Feuer Eingeschlossenen werden übrigens von Mitgliedern der Jugendfeuerwehr gespielt.

„Lach nicht, du bist tot“

Das Retten allerdings ist nicht so einfach, denn die Verletzten müssen in all dem Qualm erst einmal gefunden werden. Gründlichkeit ist gefragt. Gut, dass der Betreuer der Klasse vor Ort ist. Der kann Auskünfte darüber geben, wie viele Jugendliche eigentlich im Gebäude sind. Und bevor nicht alle gefunden sind, kann die Übung nicht abgebrochen werden. Gut neun Minuten, nachdem die ersten Feuerwehrmänner ins Gebäude eingedrungen sind, werden die ersten Verletzten geborgen. Auf Bahren trägt man sie ins Freie. Erstes Gebot: Nicht lachen. Schließlich sind die Jungs verletzt oder wohlmöglich sogar …: „Lach nicht, du bist tot!“ lautet also die Devise. Während sich an der Übungsfront die Einsatzkräfte um die Rettung kümmern, kommen die gerade noch Toten und Verletzten äußerst schnell wieder zu Kräften. Sobald sie von ihren Rettern zum Feuerwehrhaus getragen worden sind („Jungs, nicht so ruckeln!“) folgt die spontane Genesung. Gerade noch wurde einem der Puls gefühlt, schon ist es erst mal Zeit für ein Zigarettchen. Nach 60 Minuten konzentrierter (Zusammen)Arbeit sind 9 Jugendliche und zwei Erwachsene gerettet und: Die Lage ist unter Kontrolle. Einsatzleiter Norbert Jansen zeigt sich zufrieden. „Schwerpunkt des Einsatzes war die Verwendung der Atemschutzgeräte. Das hat vorzüglich geklappt“, resumiert der Wehrführer. Aber auch das Team-Work insgesamt hat bestens funktioniert. Zeit für die Teilnehmer, sich bei einer heißen Suppe nebst Würstchen abschließend über den Einsatz zu unterhalten und Bilanz zu ziehen. Kameradschaft wird groß geschrieben bei den Männern, und das hat andere Gründe als die bloße Geselligkleit. Im Einsatz muss sich jeder auf jeden verlassen können.