„Und, wie isser?“, fragt es aus der Redaktion. „Nett?“ Was soll man sagen. Es gilt das Neutralitätsgebot. Aber „flott“ darf man sagen, oder? Oder ist das zu wenig präsidial?
Irgendwie geerdet
Pardon. Vielleicht erst mal die Ballhöhe herstellen. Vorgestellt wird: der neue Präsident der Hochschule Rhein-Waal. Ganz oben also. Dafür, dass er ganz oben ist, kommt Dr. Oliver Locker-Grütjen (OL-G) äußerst kommunikativ daher und macht dem ersten Teil des Nachnamens alle Ehre: locker eben. Der Mann ist knappe 50, verheiratet, Vater von drei Kindern und … Bassist in einer Band. Na bitte: Der Bass ist gewissermaßen ein Fundamentalbestandteil. The boss at the bass. Und was wird gespielt? „Das ist schwer zu beantworten.“ Gute Antwort. Musik ist nichts für die Schublade. Musik ist für die Seele. Trotzdem: vielleicht nur mal eine Kategorie? „Rock mit vielen Einflüssen.“ Der Mann ist Fan alter Bücher. 16. Jahrhundert. Da gäbe es ein paar in den noch unausgepackten Kisten im neuen Büro.
Was bleiben wird
So ein Buch – dick und in Schweinsleder gebunden – ist eine gewaltige Spur. Da ist nicht nur der Inhalt – da ist immer auch der, der‘s geschrieben hat. Handarbeit. „Was wird von uns bleiben?“, fragt der Präsident und gibt sich selbst die Antwort: „Datenspuren. USB-Sticks.“ Ein Hauch in einer Wolke. „Die Bücher kann ich Ihnen gleich gern mal zeigen. Vielleicht wäre das ja auch ein Bildmotiv“, spricht der Präsident.
Zweite Amtszeit
Eines wird nach einer Stunde klar: Da übernimmt jemand das Ruder, der seinen Kurs genau kennt. Die Halbwertzeit von Präsidenten und Kanzlern ist an der Hochschule Rhein-Waal (HRW) nicht die allerhöchste. Bisher. Locker-Grütjen möchte das ändern. Das verbindet ihn mit vielen Präsidenten jenseits des großen Teichs. Alle wollen eine zweite Amtszeit. Mit knapp 50 ist bei OL-G reichlich Platz für eine zweite Amtszeit. Pfeifen im Wald bei dunkler Nacht? Es wirkt nicht so. Er wirkt nicht so. Locker-Grütjen weiß, was er will. Er weiß, was er kann.
Wertschätzung
Müsste man sich eine Vokabel des Neuen quasi innerlich einrahmen – es wäre diese: Wertschätzung. Darum geht es in erster Linie, wenn ein Apparat wie die HRW Gutes produzieren soll. Die Hochschule – das ist mehr als ein Präsidium. „Die Hochschule – das sind alle hier. Professoren, Studenten, Hausmeister, Fahrer.“ Das ist schön gesagt. Es wirkt so, als sagt da einer, was er meint und meint auch, was er sagt.
Das „Geschenk“ zum dritten Arbeitstag: Bombenalarm. Der ganze Laden muss geräumt werden, Gelegenheit für den Präsidenten, alles in Augenschein zu nehmen. Jedes Gebäude. Jede Etage. Das also ist der Arbeitsplatz für die kommenden sechs Jahre. (Und mehr.)
Wichtig, wuchtig
Dann geht‘s ans Wesentliche. Drei Vizepräsidien, drei Themen – jedes von gleichgeordneter Wichtigkeit. (Und Wuchtigkeit.) Die drei Vizepräsidenten hat Locker-Grütjen bereits ausgesucht. „Mit den Namen müssen Sie noch warten.“ Am 7. 7. (die Schnapszahl mag nicht zum Omen werden) ist Hochschulwahlversammlung. Dann wird es spruchreif. Dann werden Namen nachgereicht für die Leitung des Präsidiums „Studium und Lehre“, für „Forschung und Innovation“ sowie für „Internationales und Diversität“. Locker-Grütjen hat die richtigen Leuten gefunden. Das strahlt er in den Raum aus. Apropos Raum: Der Raum dieser Hochschule ist die Region, in der sie angesiedelt ist. Es ist Vorraum und Rückraum. Es geht, sagt der Präsident, nicht nur bei den Präsidien um die Verzahnung. Verzahnung muss auch zwischen Hochschule und Region stattfinden. Das Eine ein nichts ohne das Andere. OL-G sagt es so: „Es kann nicht einzeln gedacht werden.“ Wer Zusammenhänge ignoriert, wird scheitern. Das sagt er nicht, aber man spürt, wie wichtig ihm die Kooperation ist – das Ziehen am gleichen Strang. Ist die Hochschule vorn, ist es auch die Region. Und umgekehrt. Es geht um Qualitätsvorstellungen. Der Neue war, so steht es in einer Tischvorlage, „vielfach als Berater in Strategieprozessen an Hochschulen aktiv und ebenfalls Gutachter in verschiedenen Programmen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und der Stiftung der Deutschen Wirtschaft“.
Ausgründungen
Er beabsichtigt, „eine intensivere Zusammenarbeit mit vor allem klein- und mittelständischen Unternehmen sowie die Förderung von Ausgründungen“. Schnell noch mal nachschauen – Ausgründungen sind Startups, Spin-offs, „Verselbständigung eines Betriebsteils.“ Gemeint ist: Studenten nicht nach dem Examen ziehen zu lassen, zurück ins Internationale, aus dem viele von ihnen gekommen sind. Es geht um das Hierhalten. Es geht für einen wie Locker-Grütjen (eine zweite Vokabel für den inneren Rahmen) um Wissenstransfer. Forschung, Lehre und Innovation müssen durchlässig sein. In der Tischvorlage heißt es: „Neben dem Ausbau der Internationalität, der Aktivitäten und der Bindung der Studierenden sowie Alumni [Absolventen einer Hochschule; Anm. d. Red.] in der Region sieht der neue Präsident seine Aufgabenschwerpunkte unter anderem auch in der Stärkung von Forschung, Innovation und Kooperation“. „Für unsere Hochschule ist es wichtig, mit regionalen aber auch internationalen Partnern und mit der Praxis in einem fruchtbaren Austausch zu stehen, um so beispielsweise anwendungsorientierter forschen zu können. Zudem können auf diese Weise Forschungsergebnisse schneller einen sinnvollen Einsatz finden.“
Präsident und Kanzler
Das sieht auch Kanzler Michael Strotkemper so. Auch er unterstreicht die Bedeutung des Transfergedankens. Kanzler und Präsident, will es scheinen, geben ein gutes Team ab. Und dann rutscht er heraus – der eine Satz: Als man ihn um eine Bewerbung gebeten habe, sei ihm das leicht gefallen, so der Präsident. Er habe gedacht: „Mit diesem Kanzler im Nacken mach ich‘s.“ Korrektur: Das mit dem „im Nacken“ sei nicht bös‘ gemeint. Der Kanzler springt ein: Er habe das Gefühl, dass der Neue einer sei, der auch die Verwaltung wertschätzt. Klar. Siehe oben: Wertschätzung und Anerkennung für alle.
„Ich weiß wie‘s geht.“
Was nicht heißt, dass der Mann am Ruder auch mal unpopuläre Entscheidungen zu treffen habe. Warum er glaube, dass es ihn über die erste Amtszeit hinaus im Sattel halten könne. „Ich weiß, wie‘s geht.“ Klar, einer, der diesen Job macht, darf nicht die Schattenkrankheit haben. Erste Reihe ist erste Reihe. Im DUZ (Magazin für Wissenschaft und Gesellschaft) haben sie über OL-G geschrieben. Die Überschrift: Der Ermöglicher. Das kann er unterschreiben. Er sieht sich als Wissenschaftsmanager. Das ist er gern. Das ist spannend, kreativ und Erfolg versprechende. Auf die DUZ-Frage, was er als Wissenschaftsmanager noch erreichen wolle, antwortet er: „Der Aussicht auf meine neue Position als Präsident der Hochschule Rhein-Waal habe ich derzeit nichts hinzuzufügen.“
Die erste Bombe ist überstanden. Man ist in Kleve. Es werden weitere kommen. Von alten Intrigen will der Neue eher nichts wissen. Die Wortschöpfung des Tages: Silicon-Waali. Übersetzung: Make Kleve, pardon, make HRW great.
Die Hochschule Rhein-Waal
Die Hochschule Rhein-Waal wurde 2009 gegründet und steht in ihrem Konzept für eine innovative, interdisziplinäre und internationale Ausbildung junger Menschen. Die Studieninhalte sind wissenschaftlich, anwendungsorientiert und international ausgerichtet. Etwa 75 Prozent der Studiengänge werden in englischer Sprache gelehrt und inzwischen lernen über 7.300 Studierende aus mehr als 120 Nationen in einem Umfeld, das viele gezielt wegen der kulturellen Vielfalt und Internationalität gewählt haben. Dadurch werden den Studierenden ein interkultureller Austausch sowie eine optimale Vorbereitung auf den nationalen und internationalen Arbeitsmarkt eröffnet.