Schreibkraft
Heiner Frost

Die Leichtigkeit des Sehens

Julius Reinders. Foto: Rüdiger Dehnen

Kundera* ist tot. Die Leichtigkeit lebt. Beispiel gefällig? Einfach mal nach Bedburg-Hau fahren, zum ArToll Kunstlabor, Zur Mulde 10.


Da ist – im Rahmen des regionalen Kulturprojektes „In der Ebene – in die Ferne“ die Abschlusspräsentation des Projektes „Kreuzungen und Sichtachsen“ zu sehen. Der Weg lohnt sich: Was zu sehen ist, macht Lust am Sehen und man fragt sich, ob der Sommer die Kunst verändert oder ob es umgekehrt ist.
Eigentlich möchte man von einer tollen Ausstellung sprechen und lernt, dass es einen Unterschied gibt zwischen Ausstellung und Abschlusspräsentation. Carla Gottwein, Kuratorin von „In der Ebene – in die Ferne“: „Alle Arbeiten, die hier gezeigt werden, sind auch während der Arbeitsphase hier vor Ort entstanden. Da ist niemand mit fertigen Arbeiten angereist.“

Die Künstler

Arbeit von Matthias Plenkmann. Foto: Rüdiger Dehnen

Kurator von „Kreuzungen und Sichtachsen“ ist Julius Reiners, der auch die Künstler eingeladen hat. Gezeigt werden Arbeiten von: Thomas Autering, Meret Brosterhues, Paulus Goerden, Julian Geschwind, Lukas Höhler, Nadine Kinder, Franziska Maikler, Matthias Plenkmann, Mira Posingies, Julius Reinders und Manuel Sobottka.

Eindringlich

Was auf zwei Etagen gezeigt wird, ist nicht aufdringlich – dafür aber unglaublich eindringlich. Man folgt der Leichtigkeit – sie ist aber nicht unerträglich sondern irgendwie auf eine stille Art wunderbar.
Der Gang durch die Präsentation: ein Tauchgang zum Eigentlichen. Man würde, wenn man könnte, einen Time-Slot buchen, um allein zu sein mit allem, was da zu sehen ist: Es sind Zeichnungen, Fotos, Skulpturen, Collagen – eine großartige Welt im Kleinen. Irgendwie passt alles zueinander, ohne zu einem Einheitsbrei zu verkommen. Man sieht die Künstler – irgendwie sind sie alle jung. Man denkt: Auf diesen Arbeiten liegt noch nicht das Gewicht der Zeit. Sie sind wie ein freier Atem. Die Präsentation: ein Staffellauf von abgestimmten Individuen. Alle sind sie in ihrer Welt des Darstellens, ohne sich ins Gehege zu kommen. Es lässt sich atmen in dieser Atmosphäre und man geht mit dem guten Gefühl, dass da Nachfolger ein Feld beackern und sich nicht im Zitieren verlieren.

Foto: Rüdiger Dehnen

Kundera auf Besuch

In einem der Räume, die von Meret Brosterhues bespielt werden, sind Buchseiten an die Wand gepinnt. Das Fenster steht auf und die Seiten bewegen sich. Kundera ist auf Besuch, denkt man, und atmet ein …
Kreuzungen und Sichtachsen ist am Samstag zwischen 16 und 20 Uhr zu sehen und am Sonntag von 14 bis 18 Uhr. Wer einen Blick in die Zukunft werfen möchte ohne eine Glaskugel bemühen zu müssen, sollte hingehen.
*Milan Kundera, der Autor von „Die unertrgägliche Leichtigkeit des Seins“ ist kürzlich verstorben.

Foto: Rüdiger Dehnen