Schreibkraft
Heiner Frost

Museum in gute Hände abzugeben

Ein Museum ist auf der Suche. Präzise: Das Museum Schloss Moyland sucht ChefsesselbesetzerInnen auf der künstlerischen Ebene, Direktierende also.
Was sollte man mitbringen? „Ein – möglichst mit Promotion – abgeschlossenes Studium der Kunstgeschichte.“ Unterhalb der Doktoralität wird die Luft also eng. Wahrscheinlich ist völlig egal, über was jemand promoviert hat – Hauptsache Titelbesitz.

Mehrjährige Berufserfahrung? Das versteht sich von selbst. Was noch? Erfahrung in Öffentlichkeitsarbeit und Personalführung. (Ja, das ist die Rangfolge). Muss man es erwähnen: Ein hohes Maß an Einsatzbereitschaft, Kommunikationsfähigkeit, Durchsetzungsvermögen und Verhandlungsgeschick [auch, wenn es um den eignen Kopf geht. Anmerkung der Redaktion]. Erfahrung im Umgang mit Mäzenen, Sponsoren und Drittmittelgebern [ein hübsches Wort!], gute, fließende Englischkenntnisse. Weitere Fremdsprachenkenntnisse wie beispielsweise Niederländisch [da klappt’s auch mit den Nachbarn] und Französisch sind erwünscht. [Je ne regrette rien.]
„Der Vertrag ist mit Möglichkeit der Verlängerung auf fünf Jahre befristet. Erwartet wird die Wohnsitznahme in der Region.“
Nicht erwähnt ist die unbedingt erforderliche hohe Risikobereitschaft und Erfahrungen in der Handhabung von Schleudersitzen. [Es geht ja bisweilen rau zu an der Spitze von internationalen Häusern.] Empfehlenswert für potenzielle BewerberInnen dürfte vor allem ein Blick in die Machtstrukturen sein. Also: Wer hat das Sagen? Es geht um ein Weiterleben zwischen Vorstand und Kuratorium. Das hat schon öfter zu Spannungen geführt und nicht zuletzt die nordrhein-westfälische Kultusministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen wurde kürzlich damit zitiert, man müsse in Moyland Grundsätzliches – auch in den Verantwortlichkeiten – ändern. Sogar der Begriff Querelen wurde genannt. Das hat sich bisher niemand getraut. Nicht öffentlich jedenfalls. Moyland ist – aber bitte nicht weitersagen – eine Schlangengrube. Von der Blinschleiche (ja, wir wissen, dass das streng genommen keine Schlange ist) über die Kobra bis zur Klapperschlange ist alles im Angebot.
Man sollte also den BewerberInnen in jedem Fall zur Vorsicht raten oder vielleicht auch zu einem vertraulichen Gespräch mit (Dr.) Christoph Schaden, (Dr.) Peter Dehring oder (Dr.) Bettina Paust – allesamt ehemalige ChefInnensesselbesetzerInnen. Ob die Vorgenannten allerdings Sprecherlaubnisse haben, ist schwer einzuschätzen. In der Regel verbinden sich Vertragsenden der Moyländer Art mit sprachbezogenen Kunstpausen. (Der Maulkorbshügel.)


Oder soll man alles jetzt endlich einmal einfach positiv sehen? Neue Weichen für ein altes Kunstschloss? Was könnte nicht alles gemacht und auf die Beine gestellt werden? Da muss nur jemand kommen, der/die längst aufgeriebene MitarbeiterInnen zurück ins leck geschlagene  Boot holt. Auch Motivationskünste sind gefragt. Es kommt nicht so sehr auf Promotionen an. Ein Doktortitel ist nicht selten in erster Linie ein schnell wirkendes Narkosemittel für Entscheider.
Letzter Rat für BewerberInnen: Vielleicht mal herausfinden, wie es mit der Besetzung der Stelle der kaufmännischen Direktion aussieht. Es dürfte wenig zielführend sein, wenn am Ende zwei Selbstdarsteller in Konkurrenz treten. Man sollte miteinander können. Es könnte sonst passieren, dass am künstlerischen Ruder trotz Erfahrungen mit Drottmittelgebern plötzlich finanzielle Dürre herrscht und infolge von Wasserknappheit das Navigieren schwierig wird.

Man muss nicht unken, aber Moyland wird nicht mehr viele Chancen bekommen. Also: Glück zu wünschen wäre fatal. Es geht um tragfähige Entscheidungen. Waidmanns Heil.