Des Schröders Kern
Polizeioberkommissar Ulli Kern, Polizeiobermeister Holger Randel und Polizeihund Schröder gehören zum Einsatztrupp Nord der Kreispolizeibehörde (KPB) Kleve. Es ist ein Samstagabend gegen 18 Uhr — die drei machen sich fertig für einen ganz normalen Einsatz, der laut Plan um 3 Uhr in der Früh zu Ende sein soll.
Wer sich im Internet auf die Homepage der KPB Kleve begibt, findet zum Thema Einsatztrupp folgenden Eintrag: Zur Polizeihauptwache Kleve gehört der Einsatztrupp Nord, dessen Beamtinnen und Beamte für die Bekämpfung der sogenannten Straßenkriminalität im gesamten Inspektionsbereich Nord zuständig sind. Sie arbeiten grundsätzlich in Zivil. Zum Einsatztrupp gehören auch die Diensthundführer, die mit ihren speziell ausgebildeten Diensthunden auf Streife gehen beziehungsweise ihre Kollegen bei besonderen Einsätzen unterstützen.
Während Ulli Kern und Schröder ein festes Paar sind, wechseln die menschlichen Kollegen beim Einsatztrupp. Trotzdem kennt längst jeder jeden, was für die Beamten im Alltag wichtig ist, denn: Einer muss sich bedingungslos auf den anderen verlassen können.
Stadtrundfahrt
Für das „Schröder-Trio“ beginnt der Einsatz mit einer ‚Stadtrundfahrt‘. Was gemütlich klingt, verlangt den Beamten hohe Konzentration ab, denn es sind die Kleinigkeiten, auf die sie ihr Augenmerk richten müssen. Nach einer Stunde Fahrt vorbei an sozialen Brennpunkten lautet die erste Zwischenbilanz: Keine besonderen Vorkommnisse. Na dann — raus aufs Land. Auf der Fahrt nach Kranenburg über die B 504 fällt Kern und Randel ein PKW mit Kennzeichen aus Mettmann auf. „Diese Strecke hier wird oft als Ausweichroute von Drogentouristen benutzt, die den Autobahngrenzübergang umfahren möchten.“
Hier ist nichts zu holen
Der PKW wird gestoppt. Die Personenüberprüfung verläuft negativ. Es liegt nichts vor, und die beiden Beamten werden nachher sagen, dass sie schnell gemerkt haben: Hier ist nichts zu holen. Kollege Schröder wird nicht gebraucht. Zwischen Kranenburg und Wyler werden zwei Jugendliche mit einer geringen Menge Marihuana erwischt. Dann geht es weiter auf die andere Rheinseite. Mittlerweile ist es bereits nach 21 Uhr. In Emmerich und Rees sind die Bürgersteige hochgeklappt. Auf dem Weg nach Rees ein kurzer ‚Besuch‘ in einem Spiellokal in Kalkar. Jugendschutzkontrolle. In den riesigen Hallen verlieren sich vier Zocker und verjubeln ihr letztes Geld. Der Abend ist ruhig. Zwischendurch stoppen die beiden ein ‚Rotlicht‘ — jemand ist bei Rot über die Ampel gefahren. Merke: Ist länger als eine Sekunde rot, gibt’s am Ende Fahrverbot. Es geht zurück auf die andere Rheinseite. Pause in der Hauptwache Kleve. Wasser für Schröder, Tee und Kaffee für seine Kollegen. Randel schreibt die Anzeige in Sachen Drogen.
Einsatz für Schröder
Es geht zurück auf die Straße. Noch ist alles ruhig. Dann plötzlich der Anruf: Auf dem Parkplatz am Tiergarten ist ein Pizzabote überfallen worden. Zwei Täter mit Maske und Messer sind in Richtung Donsbrüggen geflüchtet. Ein Zeuge hat die beiden in ein Auto springen sehen und sich die Nummer gemerkt. Als der Rundruf über Funk kommt, sind Kern und Randel auf der Hoffmannallee. Knappe zwei Minuten später sind sie am Tiergarten. Wer mitfährt, muss Nerven haben. Auf dem Parkplatz ist schon einiges los. Kern und Randel machen sich nach Rücksprache mit den Kollegen vor Ort auf Tätersuche Richtung Donsbrüggen. Der Fahrzeughalter ist schnell ermittelt. Wenn das Kennzeichen vorliegt, erfolgt die Halterfeststellung in wenigen Sekunden. Seit dem Überfall sind cirka 15 Minuten vergangen und längst arbeitet der gesamte Polizeiapparat. Profis am Werk. Kern und Randel vermuten, dass die Täter sich wieder Richtung Stadt begeben haben. Vorbei am Ehrenfriedhof in Donsbrüggen geht die Fahrt wieder zurück nach Kleve. Von den Tätern keine Spur. Seit dem Überfall sind 20 Minuten vergangen, als über Funk eine Meldung kommt: Das Täterfahrzeug steht an einer Spielhalle in der Hoffmannallee. Als Kern und Randel eintreffen, sind bereits die Kollegen schon da. Jetzt wird der Hund gebraucht: Vorder- und Hintereingang der Spielhalle werden besetzt. Kern und Schröder übernehmen den Haupteingang. Da kommt keiner mehr durch.
Schluss mit lustig
Weitere fünf Minuten später sind die mutmaßlichen Täter gefasst und werden — Hände auf die Kühlerhaube ihres Autos gestützt — nacheinander durchsucht. Schröder bellt und sein Tonfall sorgt auch beim Publikum für Respekt. Hier und jetzt, das merkt jeder, ist Schluss mit lustig. Die Täter werden in Handschellen in zwei unterschiedliche Autos gesetzt. Sie haben, sagen sie, mit der ganzen Sachen nichts zu tun. Längst ziert jede Menge Publikum den Haupteingang der Game-Factory. Längst ist der Einsatz gelaufen. Gerade einmal 40 Minuten sind zwischen Tat und Festnahme vergangen. Präzisionsteamwork. Als die beiden Täter längst abtransportiert sind, durchsuchen Kern und Randel das Fahrzeug, einen roten Mazda, und werden fündig: In einem Versteck unter dem Beifahrersitz tauchen eine schwarze Maske und ein Messer auf. Schlechte Karten für die Täter, die zu diesem Zeitpunkt bereits in zwei Zellen an der Hauptwache sitzen. Der Schlüssel des Pizza-Taxis, den die Täter mitgenommen haben sollen, bleibt verschollen. Trotzdem sind alle am Einsatz beteiligten Beamten zufrieden. Viel glatter und schneller hätte es nicht laufen können. Großen Anteil am Erfolg hatte in jedem Fall der Zeuge. Kommissar Zufall hat — wie so oft — auch diesmal eine wichtige Rolle gespielt. Gegen 1.20 Uhr liefern Kern und Randel die im Auto sichergestellten Gegenstände bei der Hauptwache ab. Zusammen mit Schröder geht es ins Dienstzimmer: Nach dem praktischen Teil folgt jetzt die Schreibarbeit. Die beiden Täter werden am nächsten Morgen dem Haftrichter vorgeführt. Der hat dann zu entscheiden, ob sie in Untersuchungshaft kommen. Kern, Randel, Schröder und alle Kollegen können zufrieden sein. Sie werden nicht prahlen mit ihrem Erfolg — aber sie können mit einem guten Gefühl nach Hause gehen. Wenn nichts anderes passiert, wird die Nachtschicht planmäßig um drei Uhr zu Ende gehen. Nicht unbedingt der Normalfall.