Dass ich das noch mal erleben würde, hätte ich mir ja nicht träumen lassen: Autokino. Also mal ganz vorsichtig bei der Gattin angefragt und eine Einladung ausgesprochen.
Die Einladung
„Wo willst du hin?“ „Ich möchte dich hiermit ganz offiziell ins Autokino einladen. Nur wir zwei und ein großer Parkplatz und wahrscheinlich noch ein paar andere Autos.“ „Ja. Lass uns das mal machen.“ Das hätte Mann jetzt gar nicht vermutet. Gibt es eine Kleiderordnung? Natürlich nicht. Man ist ja privat unterwegs. Gut – die Nebenautos haben natürlich („Warum hast du dich damals auch gegen die getönten Seitenscheiben entschieden?!?!) einen gewissen Einblick. „Soll ich was bestellen?“ „Was willst du bestellen?“ „Na, wir könnten Popcorn essen oder Nachos. Sogar Getränke kann man ordern.“ „Lass uns mal was mitnehmen. Das darf man doch?“ „Ja, das darf man.“
Vorstellungsbeginn: 20.30 Uhr. Wann fährt man vor? Vielleicht so gegen 20.10 Uhr. Man will ja eigentlich nicht vorn stehen. (Gibt‘s denn auch beim Autokino den ‚Rasiersitz‘?) „Wie ist es eigentlich mit dem Ton?“, möchte die Gattin wissen. „Kommt übers Autoradio.“ „Wie, Autoradio?“ „Na ja, die haben einen Sender, da stellen wir eine Frequenz ein und dann kommt der Ton.“
Proviant
Um 20.10 Uhr ist der Parkplatz schon gut gefüllt. Nur die hinteren Ränge sind noch unbesetzt. Es erfolgt: Die Einweisung. Das geht irgendwie ruckzuck. „Was passiert eigentlich, wenn wir ganz in der Mitte stehen und du bekommst einen Herzinfarkt?“, fragt die Gattin. Woran Ehefrauen denken, denke ich. „Sie werden dich dann wohl mit einer Trage holen.“ Was, denke ich, passiert eigentlich wenn der Film einem nicht gefällt? „Wenn dir der Film nicht gefallen sollte, werden wir wohl bis zum Ende bleiben müssen. Ausparken dürfte schwierig werden“, sagt die Gattin.
Die Gattin hat Proviant eingepackt: Eine Flasche Rotwein, ein Glas („Du musst ja fahren!), eine Flasche Minerwalwasser, zehn Schokoladenostereier in fünf Geschmacksrichtungen (mit nachösterlicher 50-Prozent-Ermäßigung – „für jeden fünf“) und einen halbgeschlachteten Osterhasen („Der ist für dich. Und wenn du Schorle möchtest, trinkst du einfach ein bisschen Wasser ab und wir schütten dann Rotwein nach.“
Der Platz ist eingenommen. Auf der Leinwand – die Sicht ist hervorragend – fliegen Sponsorennamen in den Abendhimmel. „Habe ich da gerade deinen Namen gelesen?“, fragt die Gattin. „Ja. Hast du.“ „Guck mal, meine Schwester ist auch dabei“, sagt die Gattin. „Kannze ma sehn.“ „Was war jetzt eigentlich mit dem Ton?“ Das ist, denke ich, keine Frage – es ist ein Befehl. „Den muss ich jetzt mal suchen.“ Nach fünf Minuten Frequenzscrollen habe ich‘s gefunden. Einen Wimpernschlag später lese ich auf der Leinwand: „Bitte stellen Sie Frequenz … ein.“ Das Paradies: Wir entscheiden, wie laut der Ton sein soll. Zwischendurch schnell mal eine Whatsappnachricht an die Tochter: „Kummada.“ Sekunden später die Antwort: „Viel Spaß. Benehmt euch.“
Ist das der Janusz????
Dann die Werbung: Viel Lokales. Rückbesinnung auf ein direktes Umfeld. Eigentlich nicht schlecht. Und dann noch ein Vorfilm: Zu sehen ist ein Herr mit Fliege, der über die Notwendigkeit der Kunst referiert. Ein super Film. „Hattet ihr den nicht bei euch auf der Homepage?“, fragt die Gattin. „Ja. Hatten wir. Das ist der Janusz. Den kenn ich“, sage ich. „War der nicht auch schon mal bei uns?“ „Ja. Stell dir vor: mit dem haben wir schon zusammen Kaffee getrunken und Waffeln gegessen. Und jetzt ist er auf der großen Leinwand.“ „Ist das wirklich der?“ „Ja, das ist der.“ „Was ist eigentlich mit dem Ton?“ Nun ja – bei außem Motor schaltet das Radio sich irgendwann ab. Batterieschutzfeature. Man möchte ja nicht abends beim Parken das Radio anlassen und dann morgens nicht mehr weg kommen. Einmal den Zündschlüssel drehen, dann reicht‘s wieder für 30 Minuten. Das geht den anderen auch so. Immer wieder gehen irgendwo einmal kurz die Lichter an. Ton-Wieder-Holung.
Geschnetzeltes
Die Gattin trinkt ein Gläschen. Ich nippe auch mal kurz. („War da nicht gerade noch mehr in meinem Glas?“ „…“) Nach der ersten Stunde beschlägt die Frontscheibe. Ein bisschen nur. Kurz mal mit dem Lappen drüber. „Das ist jetzt aber ganz schön verschmiert“, sagt die Gattin. Immerhin „ganz schön“ verschmiert denke ich. Beim nächsten Mal einfach nur den Ventilator kurz einschalten. „Ist ja wirklich gemütlich“, sagt die Gattin. Hätte sie gar nicht gedacht, sagt sie auch. Sie nimmt einen Schluck aus der Flasche. Was werden die Nachbarn denken. Na ja – ist ja dunkel mittlerweile.
Während auf der Leinwand gerade ein mittleres Massaker inszeniert wird, sagt die Gattin: „Denk doch mal mit dran, dass ich morgen vegetarisches Geschnetzeltes mitbringe.“ Unschlagbares Timing, denke ich – aber so funktioniert unser Gehirn.
Parkplatz-Ballett
Nach zwei Stunden: Filmende. (Film-Ende.) Der Abspann ist aus der Entfernung ein bisschen klein. Gut, dass man keinen Film mit Untertiteln gesehen hat. Das wäre dann ein bisschen anstrengend geworden. Die Auflösung der Versammlung ist in zehn Minuten erledigt. Während im Auto die Abspannmusik noch zu hören ist, sagt die Gattin: „Sieht irgendwie aus wie ein Ballett.“ Sie meint die Autos, die sich rotrücklichtig vom Parpkplatz tanzen. Apropos Ballett: Im Opernparkhaus in Düsseldorf hat man nach einer Abendvorstellung schon wesentlich länger warten müssen. Rücksturz ins wirkliche Wohnzimmer. „War ja wirklich toll. Können wir gerne wieder machen.“ (Jawohl!) Vielleicht gibt‘s ja demnächst den Auto-Bond. Obwohl: Im November könnte es ungemütlich werden ohne Standheizung. Whatsapp von der Tochter: „Wie war‘s?“ „Hat Spaß gemacht. Gute Nacht. Bleibt gesund.“
[Redaktioneller Hinweis: Ähnlichkeiten mit noch lebenden Personen sind manchmal rein zufällig.]