Schreibkraft
Heiner Frost

Start mit zwei Boxen

Summertime, when the living is easy — von wegen. Unabhängig von der Großwetterlage häufen sich in der schönsten Jahreszeit für Günther und Heinz-Theo Biermann die sprichwörtlich heißen Wochenenden. 15-Stunden-Tage sind dann nicht unbedingt eine Seltenheit. Dabei hat die Sache relativ klein angefangen, damals. 1990  — lang ist’s her.

Gestartet sind die beiden mit zwei Boxen unterm Arm: ‘Disco machen’ hieß die Devise. Einfach so. Für Spaß und irgendwie ganz relaxed. Aber wie es nun mal ist: erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Längst haben die Biermänner sieben festangestellte Mitarbeiter, einen äußerst stattlichen Fuhrpark und so viel Zelte, Stühle, Bühnen und Toilettenwagen, dass längst kaum noch Platz ist auf dem Gelände der Firma, die sich Black Magic nennt und in Hasselt angesiedelt ist. Was die Brüder treiben, nennt sich Veranstaltungstechnik und bedeutet in Verständliches übersetzt, dass sie eigentlich vom Stuhl bis zur kompletten Großveranstaltung (Kellner und DJ inklusive) so ziemlich alles liefern können. Black Magic — wo kommt denn das her? „Damals fuhr hier mal ein Bus durch die Gegend — da stand Black Magic drauf“, erinnert sich Heinz-Theo Biermann. „Das hat uns gefallen, und da stand irgendwie gleich fest, dass wir unsere Firma so nennen wollten.“ Längst haben die beiden sich die „schwarze Magie“ schützen lassen. Man weiß ja nie. Und längst sind aus dem einstigen Landmaschinenmechanikermeister (Günther) und dem Schreiner und Versicherungskaufmann (Heinz-Theo) erfolgreiche Unternehmer geworden. Die beiden wissen, wovon sie reden, wenn es um Veranstaltungen geht. Schließlich sind sie oft genug noch aktiv mit dabei — als Kellner beispielsweise; und wenn es mal irgendwo hakt, brauchen sie keinen Notdienst — dann wissen sie selber, was zu tun ist. Praktiker würden man die Biermänner nennen — Praktiker mit erzwungener Tendenz zum Schreibtisch, denn längst sind sie mehr und mehr für die Logistik im Hintergrund zuständig. Der Laden muss laufen. Gibt es denn eigentlich den typischen Auftrag? „Nein“, ist sich Günther Biermann sicher. „Es läuft jedes mal anders. Das ist ja gerade das Schöne.“

Beach Party

Wie wär’s mit einer Beach-Party? Kein Problem. Da gab es neulich den Anruf eines niederrheinisches Kreditinstitutes: „Wir hatten für die schon mal ein Oktoberfest arrangiert. Jetzt hatten sie die Idee, für ihre Mitarbeiter eine Beach-Party zu organisieren“, erinnert sich Heinz-Theo. Kein Problem. Der Mann erbat sich drei Tage Bedenkzeit und lief dann mit dem Konzept auf. Ergebnis: „So machen wir’s.“ Jetzt steht Heinz-Theo auf einem Platz in Kehrum und hilft mit, einen Strand am auf der sprichwörtlich grünen Wiese zu installieren.  60 Tonnen Sand liegen „gehügelt“ bereit und warten auf Verteilung. Aber bevor Strand entsteht, sind Biermann und seine Männer erstmal mit dem Aufbau des Zeltes beschäftigt. Zirkuszelt in blaurot. Zwischen 200 und 250 Besucher werden erwartet. Die Größe des Zeltes wird ausreichen. Und was, wenn’s mal größer sein muss? „Geht nicht gibt’s nicht“, sind sich die Biermänner einig. „Hauptsache du kennst einen, der was weiß“, erklärt Heinz-Theo. Ein Zirkuszelt für 500 Leute zu besorgen — kein Problem. Da haben sie jemand an der Hand. Wichtig ist halt am Ende, dass die Sache sich rechnet. Schließlich haben die Brüder längst auch die Verantwortung für einen Stab von Mitarbeitern. Die möchten am Monatsende ihren Lohn.

Tag Eins des Unternehmens Strand-Party ist abgelaufen. Die Wiese ist rasiert — das Zelt steht. Der Sand ist da. Am Tag zwei ‘wird Strand gemacht’. Fürs Grobe gibt’s maschinelle Unterstützung — der Rest muss mit der Schaufel gerichtet werden. Der Kipper kann schließlich nicht ins Zelt fahren, in dem später eine Theke geben und zwei Tanzflächen aufgebaut werden. Black Magic liefert die Anlage und den DJ gleich mit. Die Strand-Party ist ein Pauschalangebot. Über Preise spricht man nicht. Na gut — eine Tonne Sand kostet so um die 8,10 Euro. Was passiert mit dem Strand, wenn die Party vorbei ist? Die Auftraggeber jedenfalls wollen ihn nicht. Am Ende des zweiten Tages kommt langsam aber sehr sicher erstes Strandgefühl auf — auch für die Arbeiter: Bei hochsommerlichen Temperaturen kommt man gut ins Schwitzen. Wo die Urlauber dann allerdings zum Longdrink greifen, hießt es für Biermann & Kompanie: Leitungen legen, Theken aufbauen — kurz: ranklotzen. Momentan hat die Veranstaltungstechnik „englische Wochen“. Ein Auftrag jagt den nächsten. Die „Baustellen“ werden parallel bearbeitet. Es ist Mittwoch — die Beach-Party steigt am Samstag — alles im grünen Bereich. Ein erster Strandkorb (Einsitzer) wird probehalber aufgestellt. Weitere (Mehrsitzer) werden folgen. Ob es am Tag X auch Palmen geben wird, muss noch geklärt werden. Zum Pauschalangebot Beach-Party gehört auch das Essen dazu. Ein Auftrag, den die Biermänner weitergeben. (Hauptsache, du kennst einen, der weiß wie es geht.) Was jetzt noch kommt: Cocktail-Theke und Beleuchtung — Toilettenwagen nicht zu vergessen.

Wenn die Heino wollen, musst du Heino spielen

Heinz-Theo wirft immer mal wieder einen Blick auf den Plan. Alles an der richtigen Stelle. Juckt es den Chef eigentlich manchmal noch, wenn’s ans Plattenauflegen geht? „Manchmal würde es mich schon reizen. Aber aus der Nummer bin ich raus. Wenn du auflegen willst, musst du auf dem Laufenden sein und so ziemlich alles kennen. Das kann ich von mir nicht mehr behaupten“, gibt Heinz-Theo zu. Was ist denn eigentlich wichtig beim Auflegen? „Dass du nicht deinen Privatgeschmack über die Leute bügelst, sondern den Geschmack der anderen triffst. Und wenn jemand Heino möchte, dann musst du Heino spielen. Wer das nicht kapiert, der kann nicht Dienstleister sein“, beschreibt Biermann die Ansprüche an sich und die Mitarbeiter. Wenn die Brüder zurückblicken, dürfen sie zufrieden sein. Von Bedburg-Hau aus wird einiges bewegt, und längst gehört beispielsweise auch die Telekom zu den Biermann-Kunden. Wie geht denn sowas? Ein Gentleman genießt und schweigt. Übersetzung: Du musst halt einen kennen, der einen kennt. Und natürlich musst du gute Arbeit zu vernünftigen Preisen abliefern. Dazu muss auch das Betriebsinventar ständig erweitert werden. Kann Wachstum ohne Investitionen. Manchmal ulkt Günther: „Am liebsten nur Stühle vermieten. Das wär’s. Da hast du keine Arbeit, und kannst trotzdem was verdienen.“ Ganz schön wär das. Aber vor allem auch: Ganz schön langweilig.