Haus Aspel, 6. August, 15 Uhr. Eröffnungspressekonferenz zum Haldern Pop 2025. Da sitzt einer und denkt laut über das Kleinwerden nach: Gegenwachstum. Der Denker: Stefan Reichmann, künstlerischer Leiter des Haldern Pop Festivals.
Ein Denkmal ist keine Reliquie
Das Haldern Pop ist eine Art von Festival-Denkmal. Merke: Ein Denkmal ist keine Reliquie. „Wenn du bei Google nach den zehn besten Festivals in Deutschland suchst, bekommst du die zehn größten Festivals als Antwort“, sagt Reichmann und lässt sich anmerken: Qualität und Quantität sind möglicherweise ein falsches Paar. Es grüßt: Der kapitalistische Wachstums-Imperativ: Größerhöherweiter. Vielleicht besser drauf pfeifen. Vielleicht aufs Kleinsein setzen.
Bastion des Kleinseins
Und Haldern? Haldern ist eine Art Bastion des Kleinseins. Kann man damit bestehen? „Wir müssen das Festival neu denken“, sagt Reichmann. Schrumpfen als Lösung? Noch ist nichts zu Ende gedacht, aber – so scheint es: Ein Weg ist eingeschlagen; eine Richtung vorgedacht. Erstes Ergebnis: „Wir werden in diesem Jahr nicht schon am Montag nach dem Festival mit dem Vorverkauf für Haldern Pop 2026 beginnen.“ Bedenkzeit? Ja. Warum nicht? Zielorientierung statt Prozessorientierung.
Präludium in Worten
Dabei geht es doch jetzt und hier eigentlich um den Auftakt zu einem tollen Fest. Noch hat niemand die Bremsen angezogen. Das Wetter wird gut. Beste Voraussetzungen. „Wir sind noch nicht ausverkauft“, sagt Reichmann, aber es lässt sich keine Enttäuschung detektieren in diesem Satz. Es geht um eine Feststellung. Trotzdem ist schon das Festival anders als in den Vorjahren: Start am Mittwoch – ein literarisches Präludium mit illustren Gästen. Lesungen in der Pop Bar. Ein Forum aus Sprache.
Gewschaukelt
Und dann ist da noch dieses Gemälde in Reichmanns Rücken. Es zeigt ein Kind auf einer Schaukel – Schwung holend in Richtung Himmel. Kein Wunder, dass Reichmann das Bild als Symbol sieht, empfindet. Da wird der Augenblick des eigentlich Unfassbaren skizziert: Da ist ein Stück Bewegung eingefroren ohne an Lebendigkeit zu verlieren. Da hat einer die Zeit angehalten – ihr eine Lupe aufgesetzt.
Bedenkzeit
Bedenkzeit. Niemand kann sagen, ob die Schaukel im Auf- oder Abschwung ist. Im eigenen Kopf entsteht die Erinnerung an eine unverdorbene Energie des Aufbruchs – da ist ein Bild entstanden, das Träume festhält und vielleicht auch die Erinnerung an das Grenzenlose. Ein Kind auf der Schaukel – Wachsen oder Schrumpfen sind kein Thema. Morgen werden den Worten und Bildern Klänge folgen – zu viele, um sie alle hören zu können. Wer weiß, was im nächsten Jahr sein wird. Drei Tage lang soll es jetzt um Augenblicke gehen. Um das grenzenlose Jetzt.
Have fun
Im Dorf haben Kinder die Bürgersteige bemalt: „Welcome!“, steht da oder: „Have fun.“ Eine lange Autoschlange bahnt sich den Weg durchs Dorf: Vorbei am Marktplatz und der Kirche – hin zum Camping-Platz. In der Kirche bauen sie die Bühne auf. Der Marktplatz: ein Kommunikationszentrum.
Ein Ort der Gemütlichkeit. Ankommen. Einatmen. Dorfkultur – Kulturdorf. Reihenfolge spielt keine Rolle. Das hier ist eine Startrampe. Hier versuchen sie Jahr für Jahr, ein Festival zu neu denken. Have fun … Letzter Gedanke: großartig klein sein.