Je kühler desto Hund

Hottsches Aufstieg

Hottsche's Aufstieg war rasant. Aus 800 Metern Tiefe hat er sich hochgearbeitet. Bergmannsadel in der dritten Generation. Hottsche fuhr ein, aber es kriselte unter Tage. Der Bergbauschlosser machte Fachabitur und bewarb sich — es stand nicht gut um Deutschlands Gruben — bei der Polizei. Er wurde genommen und macht seitdem den Job, den er immer machen wollte. Hottsche arbeitet jetzt oberhalb der Grasnarbe.

Polizeiobermeister (POM) Hottsche heißt eigentlich Andreas Hocevar (mit dem slawischen c wie tsch), aber  'Andreas' nennt ihn niemand. Überall ist er nur Hottsche. Seinen Vornamen kennt er nur noch aus dem Ausweis — da liest er ihn manchmal. "Hocevar — keine Ahnung, woher der Name kommt." Das wusste auch der Großvater nicht.

Hottsches Kollege und Kumpel heißt Falco. Hottsche ist 37, verheiratet und hat drei Töchter. Kollege Falco wird Ende des Jahres in Rente gehen — die Gesundheit spielt nicht mehr mit. Ärger mit der Bauchspeicheldrüse. Sein Nachfolger wird längst eingearbeitet. Er heißt Tyson und würde nur im äußersten Notfall jemandem ins Ohr beißen. POM Hottsche ist Hundeführer, und wenn ein Mann mit Überzeugung und Spaß seine Arbeit machen kann, dann trifft das auf ihn zu. Er und Falco sind seit einem Monat in spezieller Mission unterwegs: Präsenz zeigen an Orten, die man Angsträume nennt. Orte, an denen sich Bürger unwohl fühlen, wo sie Angst haben — meist nach Einbruch der Dunkelheit, obwohl Angst  nicht nur ein Produkt der Dunkelheit sein muss.

Weder Tag noch Stunde

Wer mit Hottsche und Falco einen „ganz normalen“ Arbeitstag erleben will, muss flexibel sein. Mal tagsüber, mal nachts sind die beiden unterwegs. „Wenn du auszurechnen bist, bringt das  nichts“, klärt Herrchen Hottsche auf, „da kannst du genau so gut gleich zu Hause bleiben.“ Das leuchtet ein. Herr und Hund sind unterwegs, und niemand kennt den Tag und die Stunde  — außer Hottsche. In seinem Job gibt es kein „normal“. „Du weißt nie, was passieren wird.“

So kann es also sein, dass die beiden gerade eine Fußstreife absolvieren und dann zu einem Einbruch gerufen werden, bei dem die (menschlichen) Kollegen vermuten, dass der „Täter noch im Objekt ist.“

Sehen und Gesehen werden

Solange Hottsche und Falco, der übrigens ein Deutscher Schäferhund ist, Streife gehen, trägt Falco Maulkorb, und Hottsche die blaue Tüte. Kann ja sein, dass der Kollege Hund mal muss. Da sammelt Hottsche dann die „Hinterlassenschaft“ — ganz nach dem Motto: Gutes Beispiel muss sein.

Dienst ist Dienst und Hund bleibt Hund

Wer Hottsche und Falco auf Streife triftt, hat eines mit Sicherheit sofort: Respekt. Da beißt die Maus kein Faden ab — und der Maulkorb auch nicht. Auch wenn Falco bei Kindergartenvorführungen ohne Maulkorb den „ganz Lieben“ geben kann: Dienst ist Dienst und Hund bleibt Hund. Wenn die „Waffe Falco entsichert“ ist, gilt: Keine falsche Bewegung.

Bei den Fußstreifen allerdings geht es um Prävention. Auf gut Deutsch heißt das: Sehen und Gesehen werden, wobei die Betonung auf Letzteres zu legen ist. Es gibt halt Plätze, die abends zum Jugendtreff werden. Das muss kein Grund zur Besorgnis sein, aber manchmal wird’s schon mal lauter oder unaufgeräumt. Hottsche: „Wenn sich die Jugendlichen treffen, dann ist dagegen nichts zu sagen, solange das Drumherum in Ordnung ist.“ Bierflaschen-Wüsten, womöglich auf einem Kinderspielplatz, sind aber nicht nur Hottsche und Falco ein Dorn im Auge. Mit den meisten Jugendlichen kommt Hottsche gut klar. Aber wenn — wie kürzlich geschehen — einer „Bullenschwein“ hinterher ruft, ist erst mal Schluss mit lustig.

Regen kommt nicht gut

Gibt es denn für die Fußstreife auch schlechte Zeiten? Da fällt Hottsche allenfalls das Wetter ein. Bei strömendem Regen ist draußen nicht viel zu holen. Merke: Regen kommt nicht gut. Und was mag der Kollege Hund wettertechnisch am liebsten? „Tierisch heiß sollte es nicht sein“, da ist der Hund auch nicht gut drauf. Na bitte: Je kühler desto Hund.

Die Sache mit den Fußstreifen hat sich längst herumgesprochen. Falco und Hottsche werden auch schon mal angesprochen: „Gucken Sie doch mal da und da nach“, werden Empfehlungen gegeben. Die Angsträume aber sind der Polizei meist bekannt. Wie sich die Anwesenheit der Fußstreifen auswirkt? Man wird sehen.

Gut einen Monat läuft das Projekt — will sagen: Es laufen die Hundeführer, und es laufen die Kollegen auf vier Pfoten (drei gibt es im Nordkreis). Natürlich wäre es gut, wenn am Ende eine positive Bilanz stünde. Das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger soll gestärkt werden. Erste Reaktionen zeigen: Gute Idee.

Waffe Diensthund

Für viele Jugendliche sind Hottsche und Falco längst zum gewohnten Anblick geworden. Hottsche weiß, wer sich wo aufhält. Hottsche weiß, wer wo Dreck macht. Und wenn übertrieben wird, müssen die Übeltäter mit Sanktionen rechnen. So viel ist mal sicher: Mit einem wie Falco ist nicht zu spaßen. Merke: Solange die „Abschreckung“ wirkt, kann auf den Einsatz der „Waffe Diensthund“ verzichtet werden. Für die Dauer der WM kann es übrigens sein, dass Herr und Hund kurzfristig „zu Höherem“ berufen werden. Dann wird Falco die Kollegen treffen und da ist es  dann wie im wirklichen Leben: Manche haben sich „zum Fressen gern“ — andere verstehen sich prächtig.

Was gibt’s noch zu berichten? Ach ja. Natürlich sind Hottsche und Falco ein gutes Team, aber eins ist wichtig: Was immer auch passiert: Hottsche ist und bleibt der Chef. „Daran darfst du keine Zweifel lassen. Manche Hunde testen aus, wie weit sie gehen können.“ Da heißt es dann: Hart bleiben. Zum Beispiel beim Essenfassen daheim. Erstes Gebot: Gebettelt wird nicht. Zweites Gebot: Der Hund kriegt erst was, wenn alle anderen fertig sind. Na denn. Guten Appetit.    


Heiner Frost

Erstellt: 18.03.2007, letzte Änderung: 18.03.2007