Jeder macht seins

Eiszeit

Zu nennen wären sieben Klassiker: Banane, Erdbeer, Zitrone, Vanille, Schoko, Nuss und Schtrazijatella — geschrieben Stracciatella, und eigentlich ausgesprochen: Stratschiatella. Das Anfangs ‘st’ in norddeutscher Prägung, das ‘ia’ zum schnellen ‘A’ zusammengezogen.

Natürlich: Die Rede ist vom Eise. Sorten gibt es reichlich. Mimmo hat täglich 24 in der Eistheke und produziert insgesamt so an die 30. (Für Abwechslung ist folglich gesorgt.) Ober-Exot im Kühlregal: Das Tomateneis. Nein, das ist nicht das Eis zum 1. April. Das macht Mimmo wirklich.

Neben den Klassikern (siehe oben) gibt es auch Mode-Eis. Cookies gehört dazu. Cookies ist in den letzten Jahren schwer im Kommen und hält sich hartnäckig — vor allem in der Kindergunst.

Mit dem Eis ist es im Übrigen ein bisschen wie mit der Mode. Gemacht werden die Trends, bevor die Saison startet. Eismessen dienen als Orientierung, und wie es sich fürs Eis gehört, finden die Messen im Winter statt. Da ruht der Kampf an der (deutschen) Eisfront, und es darf getüftelt werden.

Die Einladung

Natürlich: Eis essen ist schon eine tolle Sache. Noch besser allerdings ist: Eis machen. Mimmo zeigt, wie’s geht. Zwei junge Damen üben sich in Assistenz. (Da kann man den Enkeln noch von erzählen.) Auf geht’s.

Das Labor

Eis wird im Labor gemacht, und ein bisschen erinnert die Vorgehensweise ans Chirurgische. Wir notieren: Alles Eis beginnt am Waschbecken. Hände sauber oder Tschüss. Und: Lieber viermal waschen als dreimal. Es ist wie im OP — nur die Krähne sind anders. Normal halt. Aber: Auch Eismaschinen sind teuer.

Erdbeer und Banane

Heute geht’s an zwei fruchtige Klassiker: Erdbeer und Banane. Es gilt: Aromastoffe — Nein Danke. Wo Erdbeere drauf steht, kommt auch Erdbeere rein. Sonst nix. Doch, wohl: Zucker. Also erst einmal die Erdbeeren putzen. Weg mit der grünen Krone, und: Wer faul ist, fliegt raus. Das gilt für Erdbeeren wie Assistenten. (Wenn Eiszeit ist und Mimmo Aushilfen sucht, gelten die drei Eisgebote: Sauber, freundlich, schnell.) Aber noch sind wir an einer anderen Baustelle. Mimmo putzt mit den Damen um die Wette. (Vorsicht mit dem Messer.)

Schon gestern hat Mimmo ein Erdbeersößchen eingekocht. Das kommt jetzt zusammen mit den Frischlingen in den Eimer, und dann geht’s rund: In Mimmos Mixer.

Mimmos Mixer

Mimmos Mixer ist halt ein bisschen größer als der in Mamas Küche. Mimmos Mixer mutet an wie eine Kreuzung aus Presslufthammer und Staubsauger. Groß ist das Ding, denn: Viel Eis braucht viel Mix, und mit dem normalen Handrührer würde Eismachen schnell zur Lebensaufgabe, was es — rein ideologisch gesehen — natürlich sowieso ist. Jede ‘Eisfamilie’ hat ihr ureigenes Rezept. Das Ganze ist — wir verstehen das — streng geheim.  Das Motto: Jeder macht seins. Und das Mimmo-Rezept reicht zurück nach Verona und in das Jahr 1938. Es gibt ein Wort  dafür: Tradition.

Zurück zum Mixer: Der muss halt groß und stark sein. Wer einen Keller ausschachtet, greift schließlich nicht zum Handspaten. Punkt. Die Damen sind beeindruckt. Was jetzt noch fehlt, ist der Zucker — und der kleine Unterschied. Der muss geheim bleiben. Tut er auch, Mimmo. „Kommt da jetzt noch Milch rein oder Sahne?“ wollen die Mädels wissen. Nein. Nix kommt da rein. Nur Erdbeeren. „Eis ist gesund“, sagt Mimmo. Und das Erdbeereis allemal. Viele Vitamine.

Voilà

Mimmo schüttet die Mischung in die Eismaschine. Jetzt ist es fast wie beim Waschen. Das Eis wird geschlagen, und wo Mamas Weiße die ‘Fernsehtrommel’ hat, gibt’s an Mimmos Maschine auch einen ‘Reingucker’. Aber wenn einer wie Mimmo seit 20 Jahren ‘in Eis macht’, muss er nirgendwo mehr hinsehen. Er muss auch nix mehr wiegen. 20 Jahre reichen für das perfekte Eisgefühl. Mimmo lässt den Mädels den Vortritt beim Gucker. „Und — was denkt ihr?“ „Sieht gut aus“, sagen die Mädels. Das findet Mimmo auch. Also: Raus mit dem Eis. Die Verkostung findet nur fürs Publikum statt. Mimmo muss nicht probieren, obwohl auch er ein Leckermaul ist.

Kindermund tut Wahrheit kund. Und was sagt die Assistenz: „Schmeckt cool.“ Na, das hätten wir auch so gewusst. Minus 16 bis minus 18 Grad — das ist die Eistemperatur. „Das schmeckt ganz doll nach Erdbeere“, ergänzen die Tester und würden gern noch einen Nachschlag verkosten, aber: Erst die Arbeit, dann der Genuss.

Banane

Es geht ans Bananeneis. 12 Krummfrüchte müssen die Damen von Schale und Fäden befreien. Zum Bananeneis — das lernen sie jetzt — gehört Milch. Wenn Milch und Banane (nur wörtlich, aber nicht sprichwörtlich) im Eimer sind, kommt wieder die Nummer mit dem Mixer. Jetzt müssen auch die Mädels ran. Rührend. Derweil reinigt Mimmo die Eismaschine. Zwei Sorten ohne Hausputz — von wegen.

Die Mixerinnen gehen vor Mimmo über die Ziellinie. („Entweder du putzt gründlich, oder du kannst es vergessen.“)

Segui mi. Veni mi.

Es folgt: Die zweite Verkostung. Banane ohne Fehl und Tadel. Die Farbe: Cremig weiß.  Die Damen sind sich einig: Da hat man nach den Ferien was zu erzählen, wenn’s wieder in die Schule geht.

Lässt Mimmo denn — heute mal ausgenommen — auch andere das Eis machen. (Wenn Blicke töten könnten.) Die Regel: Segui mi. Veni mi. Frei übersetzt: Wenn du es nicht selber geregelt bekommst, verkauf den Laden. Verstanden.

„Heißt du eigentlich nur Mimmo“, wollen die Mädels abschließend wissen. Nein. Mimmo ist hinten. Vorne steht Essabki.

Ach ja — noch eins: Beim nächsten Besuch werden die Mädels die Produktion überspringen und gleich mit dem Schlecken anfangen. Jetzt wissen sie ja, wie’s geht.


Heiner Frost
Erstellt: 18.03.2007, letzte Änderung: 18.03.2007