Schreibkraft
Heiner Frost

Spezialist für Raum und Zeit

So also fing alles an: Anzeigenblatt inseriert in eigener Sache (siehe oben). 25 Jahre ist das her. Der sich damals meldete, veröffentlichte in der Samstagsausgabe, die heute vor 25 Jahren erschien, seine ersten Bilder und ist – NN-Leser werden es wissen – noch immer dabei. Der Name: Dehnen. Rüdiger Dehnen.
Man mag nicht ausrechnen, wie viele Fotos Dehnen in den vergangenen 25 Jahren im Einsatz für die NN gemacht hat. Es dürfte einiges zusammengekommen sein. „Am ersten Tag habe ich unter anderem Oldtimer fotografiert“, erinnert sich unser Mann für alle Fälle und korrigiert dann nach einem Blick in seine Datenbank: „Die Oldtimer kamen erst am zweiten Tag.“ Gut, dass man mal drüber gesprochen hat.
Ein Blick ins Dehnensche Archiv dürfte ein Blick in die Geschichte(n) einer Region sein. Allein Dehnens Schützenfotos würden(Bild) Bände füllen. Was der Mann mit dem dritten Auge fotografiert, ist nur auf den ersten Blick alltäglich, denn Dehnen, der an der Folkwanghochschule in Essen studierte, ist einer, dem die Komposition wichtig ist und wer bei seinen Bildern genau hinsieht, findet immer die Details, die ein Dehnen-Bild vom „finalen Rettungsschuss eines Hobbyfotografen“ unterscheiden.
Natürlich ist die Tagesfotografie im Pressebereich nicht mit der musealen Kunstfotografie zu vergleichen. „Bei meinen Bildern denken die Leute schnell: Das kann ich auch“, sagt Dehnen. Wenn man‘s dann allerdings selber versucht, ist schnell festzustellen, dass zwischen dem ungeübten Blick eines Amateurs und dem geschulten Auge eines Fotografen schon noch ein paar „Belichtungsstufen“ liegen. Das Schlimme ist: Wenn einer weiß, was er tut, sehen die kompliziertesten Sachen immer ganz simpel aus.
Auch Fotografien sind Lösungen und ein gutes Bild ist so plausibel, dass kaum anderes denkbar ist. Übrigens: Dehnens Menuplan für den 18. September 1993 sah wie folgt aus: Feuerwehr Luisendorf; Tambourcorps Appeldorn. Für den 19. September zeigt die Datenbank: Kastell Goch: Oldtimer; Materborn: VfB Festkommers. Wer sich mit Dehnen auf eine Tagestour in Sachen NN begibt, stellt schnell fest: Es gehört erhebliches Organisationstalent dazu, vier Elf-Uhr-Termine zu fotografieren, die an Orten stattfinden, die insgesamt 50 Kilometer auseinanderliegen. (Und doch: Auch die Überlistung des Raum-Zeit-Prinzips kann Rüdi nicht schaffen.) Aber wer weiß – vielleicht beherrscht unser Rüdi doch längst die Wurmlochtechnik. Er rutscht also in Appeldorn aus der Galaxie für Normalsterbliche und taucht Sekunden später in Asperden wieder auf.
Spaß am Fotografieren hat Dehnen auch nach 25 Jahren – das in der Anzeige erwähnte Fotolabor ist allerdings eingemottet. Dehnen fotografiert – natürlich längst – digital.
Und sollte auf einem Schützenfest der Region oder bei irgendeinem anderen Termin ein Typ auftauchen, der nach dem zweiten Foto den Satz sagt „Ich versuch‘s jetzt mal mit dem damenfreundlichen Objektiv“ – es wird „unser Rüdi“ sein, von dem man fotografisch außerhalb der Zeitung leider viel zu wenig zu sehen bekommt. Man könnte ins Foyer der Stadthalle gehen und sich seine Portraits von jungen Menschen ansehen, die er bei einem Theaterprojekt fotografiert hat. In diesem Sinne: Weiter so, Rüdi.